Selbsthilfebücher im Selbsttest: Hand aufs Herz

Heute: Wie man durch Klopfen und Drücken auf Akupunkturpunkte sein Liebesleid überwinden kann.

Klopf, klopf – jemand zuhause? Bild: rowohlt/ausschnitt aus dem buchcover

Wer hat es geschrieben? Die multifunktionale Astrid Vlamynck. Sie ist Ärztin, Psychotherapeutin, Coach und Trainerin zugleich. Die Behandlung von Führungskräften, Tanzsportlern und Künstlern zu deren Leistungsoptimierung ist nur ein Teil ihrer Lebensaufgabe. Ihre größere Berufung ist es, mit ihren Ratschlägen und Methoden jedem Menschen zu helfen, der glücklicher, erfolgreicher und gesünder im Beruf sowie in der Liebe werden will. Und wer möchte das nicht? Um das zu erreichen, nutzt Vlamynck die Kraft der Energetischen Psychologie. Von dieser Technik ist sie eine der ersten zertifizierten Praktikerinnen Deutschlands. Seit 2001 fließt ihr Wissen in Vorträge und Bücher ein. Diesen Ratgeber hat sie geschrieben, da ihr "die Liebe am Herzen liegt". Wo auch sonst?

An wen richtet es sich? An alle Menschen, die keine Ahnung haben, wie man einen passenden Lebenspartner findet. Gleichzeitig aber auch an diejenigen, die unter dem Verlust des einst gefundenen Partners leiden. Und ganz wichtig: an alle, die für die Lösungen ihrer Probleme nicht davor zurückschrecken, auf ihrem Körper rumzuklopfen und zu drücken.

Wie sieht es aus? Orangenes Cover kombiniert mit Violett. Dazu drei Fotos: ein Pärchen, das sich voneinander abwendet. Ein Strauß welker rosa Tulpen und ein glückliches Paar, das in der freien Natur an sich herumfummelt. So wird dem Leser deutlich, um was es in dem Buch geht, und die Spannung steigt ins Unendliche. Schließlich möchte man ja schnellstmöglich erfahren, wie sich das Bilderpuzzle auflöst.

Was steht drin? Wie der verzweifelte Leser sich, dank der erfolgreichen Klopftechniken, weniger einsam und beschämt fühlt, eine Trennung besser verkraften, aber zugleich die Chancen, einen Partner zu finden, erhöhen kann und wie man dieses Glück dann auch endlich genießen darf. Zuerst gibt es aber nützliche Tipps, wie zum Beispiel "Liebesglück-Vermeidungsstrategien". Aha. Nach einem Versuch, "Liebe" psychologisch zu erklären, kommen viele Fallbeispiele von nichtssagenden Personen, die irgendwann mal irgendein Problem hatten. Wie Jasmin, eine international erfolgreiche Künstlerin, die nicht wusste, ob ihr Freund sich eine Zukunft mit ihr vorstellen könne. Nach einer erfolgreichen Klopfbehandlung konnte sie ihn das endlich fragen. Bei der guten Hälfte des Buchs kommt dann auch mal die lang ersehnte Klopfpraxis für den Leser. Ein Beispiel: "Klopfen Sie so fest oder zart, so schnell oder langsam, wie es Ihnen angenehm ist." Es ist egal, mit welcher Hand man auf welche Körperhälfte drückt. Man sollte es aber zwischen fünf- und 25-mal an den jeweiligen Akupunkturpunkten, vom Gesicht bis hin zu den Rippen, machen. Scheint alles etwas gleichgültig. Dazu gibt es motivierende Sprüche, die zu der positiven Wirkung beitragen sollen. "Selbst wenn …, bin ich cool" oder "bin ich grundsätzlich o.k. und in Ordnung".

Besonders abstoßend? Die Übungen. So zum Beispiel: "Angenommen, Sie wollten sich den Tag gründlich verderben, was müssten Sie denken? Wen müssten Sie anrufen? Wie müssten Sie das Gespräch einleiten?"

Besonders anziehend? Die letzte Seite, weil das Verkaufssender-ähnliche Geschwafel mit der Zeit wahnsinnig macht.

Der Satz, der Ihr Leben verändert: "Die Liebe ist eigentlich ganz einfach und zugleich höchst komplex und schwierig." Was denn nun?

Ausgestiegen auf: Seite 126 von 144, "Zehn praktische Schritte, die Liebe zu finden".

Gesamturteil: Nicht sehr hilfreich. Klopfen zaubert keinen Traumpartner, macht nicht schöner, selbstbewusster und glücklicher. Gut, dass es auch noch die Ratgeber gibt, in denen man Schmerzen, Arbeitsfrust, das Rauchen und sogar Lampenfieber wegklopfen kann. Wie wäre es mal mit: "Klopfen gegen peinliche Selbsthilfebücher"?

Astrid Vlamynck: "Klopfen gegen Liebesleid: Selbstwertgefühl stärken - Attraktivität steigern". Rowohlt. 144 Seiten, 8,95 €

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