DIE GESELLSCHAFTSKRITIK
: Fraukind statt Kindfrau

WAS SAGT UNS DAS? Eine 10-Jährige posiert wie eine Erwachsene. Die Bilder verharmlosen in ihrer Ästhetisierung das Begehren nach dem Kinde

Wollte der Fotograf auf dem linken Bild drei süße Häschen auf der Spielwiese zeigen?

Was für eine Aussage beabsichtigt ein Fotograf, wenn sich sein Model mit verführerischem Blick auf Leopardenbettwäsche räkelt? Vermutlich Sexyness. Das gerade einmal 10 Jahre alte Model Thylane Blondeau krault dabei auch noch zwei niedliche Kaninchen, die so süß aussehen wie sie selbst. Wollte der Fotograf hier drei Häschen auf der Spielwiese zeigen?

Das Groteske: Diese Aufnahmen stammen nicht etwa aus den Polizeifunden eines aufgedeckten Kinderpornorings, sondern mitten aus der Gesellschaft. Die Fotos waren in der Januarausgabe der französischen Vogue unter dem Titel „Geschenke“ zu sehen und sind nun auch in der aktuellen britischen Ausgabe abgebildet.

Kritiker sind sich noch nicht einig, wie schlimm das eigentlich ist: Das ist Kunst, und Kunst darf alles, glauben einige. Schließlich sei der Fotograf nicht irgendjemand, sondern der weltbekannte Modedesigner Tom Ford (49). Ein Leser kommentiert die Fotos tatsächlich mit den Worten: „Was ist daran schlimm? Sie sieht doch so hübsch aus!“

Dabei wird ignoriert,was mitschwingt, wenn Mädchen wie Frauen geschminkt und auf Betten drapiert werden: das Begehren nach dem Kinde. Und das wird durch die Suggestion eines Lolitabildes ästhetisiert.

Wieso werden Pädophile zu Recht bestraft, aber Models immer kindlicher? Für Marc Jacobs etwa posiert die 13-jährige Elle Fanning. Es ist eine seltsame Doppelmoral, wir kennen sie bereits aus dem Fall Odenwaldschule. Jahrzehntelang schauten Mitwissende weg, während Pädagogen Schüler sexuell missbrauchten. Die Täter waren angesehene Persönlichkeiten und passten nicht ins Täterschema. Das reichte, um zu verharmlosen. Stardesigner und renommierte Modemagazine passen auch nicht in das Bild von Kinderpornografie, aber das ist kein Grund, zu bagatellisieren.

Besonders dann nicht, wenn es offensichtlich Eltern gibt, die ihr Kind für so etwas „zur Verfügung stellen“. Thylanes Eltern, ein ehemaliger Fußballprofi und eine Modedesignerin, stellten neben den Vogue-Aufnahmen viele weitere Fotos ihres Sprösslings in knapper Kleidung ins Netz. LUCIE YERTEK