Kolumne Wortklauberei: Schnupperschießen und Cyberbot

Nach wie vor gilt: Nur ungern nimmt der Handelsmann statt barer Münze Stuhlgang an.

Und, was machen Sie so mit diesem Herbst? Gut, wahrscheinlich auch mit entfremdeter beziehungsweise befreundeter Arbeit vertendeln. Es hilft ja nichts. Dabei wurde mir gerade ein Vorschlag unterbreitet: "Heinz*, peppen Sie den Herbst mit neuen Schuhen auf", stellt mir die E-Mail eines großen Onlineauktionshauses anheim.

Jetzt kann man von großen Onlineauktionshäusern halten, was man will, genau wie von großen amerikanischen Hamburger-Brätern und der Zeitung mit den großen Buchstaben; gemeinsam haben sie, dass es den Braten auch nicht mehr fetter machen würde, wenn man einfach die Namen hinschriebe.

Aber was ich mich frage, ist: Wenn die fiesen Großkonzerne und ihre Cyberbotkraken schon genau wissen, wie wir ticken, weil sie uns anhand von trojanischerweise erstellten Persönlichkeitsprofilen gläsern durchleuchtet haben und uns jeden Konsumwunsch schon von der Hirnrinde ablesen, bevor wir ihn geträumt haben - wieso macht Ebay mir dann einen behämmerten Vorschlag dahingehend, den Herbst mit neuen Schuhen aufzupeppen?

Auch ohne mein Unterbewusstsein jetzt bis ins letzte Detail zu kennen, darf ich behaupten: Wenig liegt mir derzeit ferner, als jetzt den Herbst mit neuen Schuhen aufzupeppen. Erstens ist mir dieser Herbst schon weiß Gott peppig genug. Zweitens sehe ich für mich keinen Kausalzusammenhang zwischen Peppigkeit und neuen Schuhen. Drittens will ich keine neuen Schuhe.

Das Angebot, den Herbst mit neuen Schuhen aufzupeppen übertrifft in Sachen Unattraktivität für mich sogar noch jenes, über das ich letztens auf der Website einer norddeutschen Gemeinde stolperte, auf der der örtliche Schützenverein inserierte: "Für Kinder ab 12 Jahren findet ab 19.30 Uhr ein Schnupperschießen statt."

Das Angebot verlor in meinen Augen an Zugkraft durch die Erläuterung: "Ein Schnupperschießen ist in der Regel möglich. Sie müssen sich nur trauen, einen Schützen anzusprechen." Puh. Was sagt man da dann? "Tschuldigung, kann ich mal Ihre Knarre haben?"

Mit halbtollen Angeboten ist ja jetzt auch Pfarrer Fliege ins Gerede gekommen. "Hat Fliege einen an der Klatsche?", fragt die Website mit den großen Buchstaben, und setzt nach: "Der Ex-TV-Pfarrer bewirbt offenbar nutzlose Produkte." Wenn jeder, der offenbar nutzlose Produkte bewirbt, einen an der Klatsche hätte, dann hätten hier ziemlich viele Leute einen an der Klatsche. Wobei man das vielleicht einfach so stehen lassen kann: Hier haben ziemlich viele Leute einen an der Klatsche.

Die große Frage ist angesichts einer solchen Schlagzeile aber doch mal wieder: Sind Witze mit Namen erlaubt? Ich finde ja: Ja. Selbst wenn sie so gestelzt in Szene gesetzt und nur halbwegs funktionstüchtig sind wie der folgende, den mir aktuelle Vorgänge in der bayerischen Landespolitik quasi aufdrängten (wenn Ihnen eine knackigere Exposition für die Pointe einfällt, wäre ich sehr interessiert).

Also: Trifft Horst Seehofer seinen Finanzminister mitten in der Legislaturperiode beim Büroausräumen an. Seehofer, bass erstaunt: "Wie - Sie fahren schon?"

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