Kolumne Männer: Der Jasager

Warum schrumpfen viele Männer bei ihrer Hochzeit zum bloßen Accessoire?

Warum sollte ein Mann heiraten? Die Sache wird einem Herren wie mir – der Gerüchten, er habe einen Hang zur Eitelkeit, nicht harsch widerspricht – ja nicht gerade schmackhaft gemacht.

Unbedarfte Beobachter könnten auf die Idee kommen: Eine Hochzeit ist eine Art Firmung oder Konfirmation für erwachsene Frauen. Fast ausschließlich geht es um vermeintliche oder tatsächliche Wünsche von Frauen. Vom Drumherum lebt eine ganze Industrie: Konditoreien, „Romantische Komödien“ und Magazine wie Freundin Wedding und Hochzeitsplaner (plus Extraheft „Brautsträuße“). Ein Extraheft „Bräutigam“ ist mir nicht bekannt. Wozu braucht man den, wenn Hochzeitsplaner.de verspricht, es sei „The Bride’s Best Friend“?

In Kinofilmen taucht der Bräutigam zumeist als Zerrbild der Karikatur eines Mannes auf: Er ist ein Schussel, der durch seine unbedachten Taten den schönsten Tag seiner überraschend resoluten Liebsten zu ruinieren droht. Am Ende geht natürlich alles gut: Der Bräutigam schafft es, wie bei „Hangover I“ und dem baugleichen „Hangover II“, nach vielen Katastrophen gerade noch rechtzeitig vor den Altar, wo die erzürnte Braut ihrem großen Jungen noch mal vergibt. Konsequent geht die charmante Komödie „Brautalarm“ noch einen Schritt weiter: Der Bräutigam spielt in der Geschichte einer Frauenclique im Hochzeitsstress gar keine Rolle. Den stummen Part übernimmt ein Statist, der aussieht wie das Michelin-Männchen, nur nicht so menschlich.

Aus irgendeinem Grund gilt die Eheschließung also vor allem als großer Tag der Gattin. Stets wird ihr Kleid pflichtgemäß für „umwerfend“ befunden und wider besseres Wissen behauptet, die darin befindliche Frau sei „wunderschön“. Der Job des Bräutigams besteht darin, farblich zum Brautkleid zu passen.

Woran liegt das? Sind Hollywoodfilme schuld, die uns einbläuen, eine Eheschließung habe gefälligst „der schönste Tag des Lebens“ zu sein? Findet denn niemand, dass das nach einer Drohung klingt? Wer sollte sich auf einen Tag freuen, nach dem es, sofern alles klappt, nur noch bergab geht?

Eine unrepräsentative Umfrage zum Thema „Männer & Hochzeiten“ unter meinen Facebook-Kumpanen ergab: Nur Frauen interessiert diese Frage. Eine dieser koedukativ erzogenen Frauen mit Universitätsabschluss beschied mir: Der Mann habe zu kapieren, dass die Hochzeit „ihr Tag“ sei, nicht seiner. „Und in der Ehe ist ja eh klar, wer der Chef ist, wie am Hochzeitstag selbst auch“, schrieb sie ohne messbare Ironie. „Ist wie im Berufsleben: Ja-Sager kommen weiter.“

Wer fände einen Mann sympathisch, der von sich behauptet, er sei der „Chef“ in seiner Ehe und wünsche sich eine „Jasagerin“ als Partnerin? Erstaunlich, dass manche Frauen Emanzipation verwechseln mit der demonstrativen Vereinnahmung der schlechtesten, Männern zugeschriebenen Eigenschaften.

Trotzdem gehe ich gern auf Hochzeiten. Schließlich sehe ich in meinem Smoking, der stets auch farblich zum wunderschönen Brautkleid passt, umwerfend aus.

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Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wird von der Kritik gefeiert.

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