Destruktiv und atemlos

ORTSTERMIN Madonnas Tourauftakt in Berlin

Madonna lässt ihr Fans gern bis zur Schmerzgrenze warten. Erst nach 22 Uhr am Donnerstagabend erscheint sie vor über 13.000 Fans in der ausverkauften Berliner O2-Arena. Dann wird es düster, über der Bühne hängt ein überdimensionales, goldenes Weihrauchgefäß, das zum Klang von Kirchenglocken und beschwörenden Mönchsgesängen die Bühne beräuchert.

Dahinter im schwebenden Beichtstuhl Madonna mit Krone, verhüllt im schwarzen Gewand mit Maschinengewehr in der Hand. Mit einer Glasexplosion bricht sie aus und präsentiert sich zu „Girl Gone Wild“ ganz in Schwarz, hauteng, auf High Heels. Diese tragen auch ihre männlichen, halb nackten Tänzer, vorher als Mönche in roten Kutten getarnt. Nicht nur der Beat raubt einem den Atem. Destruktiv und laut geht es weiter. In „Gang Bang“ knallt der Superstar in Tarantino-Manier ihre Liebhaber ab. Es spritzt Kunstblut, sie spuckt Whiskey, über ihr Hubschrauberlärm.

Madonna präsentiert an diesem Abend meist Lieder aus ihrem zwölften Album „mdna“, welches von den Kritikern eher verhalten aufgenommen wurde. Zu überproduziert, zu wenig ambitioniert, lautet die Kritik. Auf der Tour sind die Tracks ausgewogen arrangiert und schaffen es, anders als auf dem Album, Innigkeit zu vermitteln. Beindruckend sind auch ihre Tänzer und die Kostüme, die zum wiederholten Male von Jean Paul Gaultier entworfen wurden.

Der wahrscheinlich intimste Moment der Nacht ist Madonnas Interpretation von „Like A Virgin“. Nassgeschwitzt steht die 53-jährige Pop-Titanin auf der Bühne und singt mit gebrochener Stimme im Walzerrhythmus, während ihr später ein Tänzer ein Korsett anlegt und sie danach fallen lässt. Auf ihrem Rücken steht „No Fear“ – keine Angst.

Madonna geht nicht zaghaft mit sich um. Man erkennt an ihrem Gesicht, dass es sie mehr Mühe kostet, als den etwa 30 Jahre jüngeren Tänzern. Bei anspruchsvolleren Choreografien singt sie weniger live, bei langsameren Stücken wie „Masterpiece“ zeigt sie aber, dass sie es kann. Kurz nach Mitternacht und wie gewohnt ohne Zugabe endet dann mit „Celebration“ eine extravagante Show, in der Madonna nicht den Anschein erweckt, als ob sie sich bald vom Showbusiness verabschieden würde. Warum auch? Denn was sie dort auf der Bühne macht, macht sie verdammt gut. ADAM ZAPERT