Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Geschwisterliebe statt Waffeneinsatzkunde und Aporien der Meinungskleidung. Zum Glück hat das Radio einen Ausschalter. Man muss nur schnell sein.

So ein Glück: Ursula von der Leyen hat ein einsatzfähiges Flugzeug gefunden. Bild: reuters

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Noch drei Jahre bis zur Bundestagswahl!

Und was wird besser in dieser?

Noch ein Jahr bis a. zu Merkels Rücktritt oder b. SPD-Koalitionsausstieg oder c. irgendeiner anderen total sicheren Verschwörungsparole.

Der Ethikrat setzt sich für eine Legalisierung von Sex zwischen Geschwistern ein. Was bedeutet das für die deutsche Familie?

Nichts. Hoffentlich. Der ehedem „Nationale Ethikrat“ war eine Erfindung der Schröder-Regierung, die mit den Expertisen anderer Ethikräte unzufrieden war: Ethikrat beim Gesundheitsministerium, Enquetekommission des Bundestages. Damals rieten also drei Moraltankstellen um die Wette, bis das herauskam, was die Regierung mit klarem Hinweis auf den internationalen Wettbewerb in Biotechnologie eh haben wollte: ein Ja zur Zucht menschlicher Stammzellen. Man hätte dies ominöse, berufene Gremium aus stillgelegten Politikern, reichlich Pfaffen und ein paar Wissenschaftlern rückstandslos abschalten können. Mit Waffenlieferungen an Kriegsparteien haben wir gerade ein schönes Thema für Ethiker. Logo, dass sie da lieber mit „Verbotene Liebe“ um die Ecke kommen.

In kirchlichen Einrichtungen ist ein Kopftuchverbot rechtens. Gut so?

Feine Pointe – die Klägerin trug vor dem Bundesarbeitsgericht vor, sie könne ihren Wunsch nach Bedeckung auch mit einem Häubchen oder einer Kappe leben. Vulgo: gehört neben Christentum und Judentum auch der Islam zu Deutschland? Wir unterhalten mehrere Bundespräsidenten, die dazu unterschiedliche Auffassungen vertreten. Nähme man noch die Uniform von Informationsoffizieren und die Robe des Religionslehrers hinzu, ergäbe sich ein buntes Bild für einen Staat, der anderswo auf der Welt die Trennung von Kirche und Staat neuerdings gern auch bewaffnet durchargumentiert. Der öffentliche Raum – und evangelische Krankenhäuser zählen dazu wie katholische Schulen – hat frei zu sein von Meinungskleidung. Oder sei’s drum – dann erlaube man sonst halt alles. Nur: Alles außer einer geht nicht.

Die USA bombardieren in Syrien an der Seite diverser arabischer Staaten den IS. Dient hier Krieg der Völkerverständigung?

Klasse, dass Sie „bombardieren“ sagen. Neuerdings heißt „Morden von oben“ ja „Luftschläge ausführen“ – wenn es die Guten tun.

Verteidigungsministerin von der Leyen im Irak: Ist das Abschreckung genug?

Das war ja ein kurzer Weg: von Gaucks „mehr Verantwortung übernehmen“ über Waffenrasseln gegen Putin und einer plausiblen Nothilfesituation für die Jesiden – bis hin zum dröhnenden Finale: Aufrüstung, Bundeswehr taugt nix, Nato hat schlechte Laune über kaputte deutsche Hubschrauber. Statt eine schwindende Zahl junger Männer zum Kriegsdienst einzuberufen, wird nun das ganze Land wehrpflichtig gemustert. Ein Hütchenspiel mit Helmen. Spott über von der Leyens Fototermine drückt aus, dass man gern Ärgeres und mehr davon liefern möchte. Will man das?

Highlight beim Klimagipfel war die Rede von Leonardo DiCaprio, Emma Watson sprach vor der UN über Gleichberechtigung. Sind Schauspieler unsere letzte Rettung?

Man wünscht diesen Anliegen mehr Authentizität, und die soll bitte schön professionell überbracht werden. Gekonnt dilettieren. Das Ansehen von Journalisten ist, gekoppelt an das der Politik, über die sie berichten, kontinuierlich gesunken. Diese Option haben Profiamateure aus dem Schauspiel auch.

Mehr als 50 Staaten haben das UN-Abkommen zum Waffenhandel ratifiziert. Ein Schritt in Richtung Frieden?

Auch die Bundesrepublik hat unterschrieben, künftig zu überprüfen, ob „die Waffen in die Hände von Terroristen oder organisierten Verbrechern fallen“ können. Oder „Menschenrechte damit verletzt werden“ können. Dann sollen sie nicht mehr verkauft werden, sondern neuerdings verschenkt.

Bundestagspräsident Lammert unterstützt den Vorstoß, Debatten spontaner zu gestalten. Kann das spannend werden?

Bei YouTube „Bundestagsdebatte“ eingegeben. Die ersten 20 Fundstellen: mager geklickte Redehäppchen. Gebe „Gysi“ ein: Hits mit siebenstelligen Klickzahlen. Derzeit kann sich der deutsche Parlamentarismus bei der Linkspartei bedanken.

Und was machen die Borussen?

„Und? Lewandowski? Nein, Götze? Toor! Toooor für.“ KLICK. Man muss das Radio nur schnell genug ausschalten.

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