die wahrheit: Sympathie auf dem toten Gleis

Die Bahn ohne Börse: Mehdorn und Tiefensee bleiben ein deutsches Traumpaar.

Zwei, die sich so rein gar nicht mögen: Hartmut Mehdorn und Wolfgang Tiefensee (rechts). Bild: reuters

Wenn es stimmt, was man so hört und liest, hat Herr Tiefensee ja schon öfter mal was übernommen. Zum Beispiel den Posten des Oberbürgermeisters von Leipzig. In der Rolle war er in ganz Leipzig weltberühmt. Diese Berühmtheit qualifizierte ihn neben dem Mangel an personellen Alternativen später für einen Posten in Berlin. In der Hauptstadt übernahm er eine Doppelrolle: Verkehrsminister und Quotenossi.

Wenn es stimmt, was man hört und liest, so munkeln die professionellen Munkler, dass Herr Tiefensee sich spätestens daran übernommen hat. Überfordert, inkompetent, große Klappe, nix dahinter, darin seien sich alle einig. Seine eigenen Parteifreunde … - ach so, das wissen ja nur die wenigsten, man sollte vielleicht noch sagen, dass Herr Tiefensee Mitglied der SPD ist -, seine eigenen Parteifreunde also, aber auch alle anderen mögen ihn wohl nicht so recht leiden.

Hartmut Mehdorn, der Chef der Deutschen Bahn, kann Wolfgang Tiefensee ganz besonders gar nicht leiden. Mit Herrn Mehdorn hat Wolfgang Tiefensee beruflich viel zu schaffen. Der eine möchte die Bahn privatisieren und deprimiert das Bahn-Publikum, der andere muss dafür die politische Verantwortung übernehmen. Wieder was, das Herr Tiefensee, der betriebsintern den feuchten Spitznamen "Pfütze" trägt, übernommen hat. Naive Menschen denken jetzt vielleicht, dass jemand, den der Herr Mehdorn nicht abkann, eigentlich ein ganz sympathischer Typ sein muss. Aber wir reden hier über Politiker und Börsengänger, da sind solche schlichten Schlussfolgerungen nicht zwangsläufig richtig.

Herr Mehdorn ist der Erfinder des Bahn-Bonus-Programms. Dafür, dass die Bahn an der Börse vorfahren sollte, hätten er und seine Vorstandskollegen einen Bonus bekommen. Jeder so was um die halbe Million. Hört sich für Schlichtdenkende und -verdienende nach viel an, ist aber in Wirklichkeit läppisch, wenn man bedenkt, dass man davon noch nicht mal für alle ICE-Züge einen Satz vernünftig funktionierender Achsen kaufen könnte. Das wusste auch Herr Tiefensee, weswegen er erst mal nichts dagegen hatte, dass das Kleingeld an die Bahnvorstände, darunter der ehrenwerte, von Mehdorn protegierte Gewerkschafts-Emporkömmling Norbert Hansen, ausgezahlt werden würde.

Mit bahntypischer Verspätung übernahm der Übernehmer Tiefensee dann die überhand nehmende öffentliche Meinung, Privatbereicherungen dieser Art auf Kosten der an den toten Gleisen stehenden Kundschaft seien einfach ekelig. Jetzt steht Herr Tiefensee an der Bahnsteigkante, und Herr Mehdorn macht die Ansage: "Bitte zurücktreten, der Zug fährt an der Börse vor." Nur ankommen wird die Bahn "in dieser Legislaturperiode", wie es heißt, an der Börse nicht.

Man muss für den einen kein Mitleid übrighaben und für den anderen keine Verachtung. Man sollte nur wissen, mit wem man es zu tun hat. Beide gehören zum Leitungspersonal dieses Landes.

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kari

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