die wahrheit: Engpass Post

Dem Namen nach tritt die Post heute so auf: "Der Briefdienstleister Deutsche Post ist Teil des globalen Post- und Logistikkonzerns Deutsche Post DHL"....

ENGPASS POST

VON RUDOLF WALTHER

Dem Namen nach tritt die Post heute so auf: "Der Briefdienstleister Deutsche Post ist Teil des globalen Post- und Logistikkonzerns Deutsche Post DHL". Was "Post" in der Praxis bedeutet, war schon vor zehn Jahren - als die Privatisierungswelle anrollte - sichtbar. Von 24 Ausgaben der als "eilige Tageszeitungen" deklarierten Sendungen aus Basel und Zürich trafen damals in Frankfurt acht am gleichen Tag, drei einen Tag verspätet und der Rest mit noch mehr Verspätung ein. "Eilige" Tageszeitungen mit drei Tagen Verspätung sind heute normal, und der Tendenz nach wird die Post nur noch teurer, dafür langsamer und unzuverlässiger. Das hat außer mit Privatisierung mit noch was zu tun: Die Post stieg von der Schiene auf die Autobahn um, und das ist ihr so gut bekommen wie das Regime des Luftverkehrzombies Mehdorn der Bahn. Den Rausch löschte man mit der Privatisierung, im Fall der Post zusätzlich mit Öl. Die beiden Durstlöscher brachten Bahn und Post um die Restvernunft.

Die Sache mit Öl und Privatisierung war immer heikel und abhängig davon, welchen Maßstab man anlegt. Und die Maßstäbe ändern sich und wir mit ihnen. Das europäische Bahn- und Postwesen kann man definitiv nicht mehr mit Fortschritt, Dienstleistung, Kundenfreundlichkeit oder ähnlichen Standards in Verbindung bringen. Die öligen und halbprivatisierten "Dienstleister" Bahn und Post laufen unterhalb historischer Messlatten.

Dafür gibt es wetterfeste Zeugen: "Die Pariser Journale, die heute (26. 6.) angekommen, sind vom 23. und hätten bei regelmäßigem Postenlauf schon gestern Abend (25. 6.) hier (in Köln) eintreffen müssen." Das schrieb der verärgerte Redakteur Karl Marx 1848 in Köln.

Von Zürich nach Frankfurt ist es etwa gleich weit wie von Paris nach Köln, und die Zeitungen brauchten 1848 wie heute für beide Strecken zwei Tage. Karl Marx rückte 1848 zur Entschuldigung, dass er nichts Neues mitteilen konnte über den Verlauf des Juniaufstandes der Pariser Arbeiter die Notiz ins Blatt, die Pariser Journale von vorgestern seien wieder einmal verspätet eingetroffen. Die "Verspätung" von vor 150 Jahren ist heute der Qualitätsstandard des halbprivaten Post-Dienstleisters mit globalem Anspruch! Oder anders herum: Die heutige Post ist so schnell wie die unbekannten französischen und preußischen Postkutscher mit ihren Pferden sowie die Eisenbahner, die auf einer Teilstrecke vor 150 Jahren wohl schon mitwirkten.

Die Abteilung "Öffentlichkeitsberuhigung" der Post AG lässt mitteilen, in der Regel würden Briefe innerhalb von 24 Stunden zugestellt. Ich erhielt heute dero zwei. Einen von der VG Wort aus München, der brauchte nur vier Tage nach Frankfurt (14. 8. bis 18. 8.) und einen aus Aarau in der Schweiz, rund 100 Kilometer weiter weg, der benötigte sechs Tage. Nun ja, mit "Engpässen" muss man halt rechnen, seit als Briefzusteller (früher Briefträger) und in den "Servicepoints" des "Briefdienstleisters Deutsche Post" restlos überforderte Mitarbeiter tätig sind, die sich mit 400-Euro-Jobs durchschlagen müssen.

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.