die wahrheit: Auf ein Wort, Koffer!

Neues aus der Hybridenforschung: Die Welt der Wortverschmelzer.

Wer seinen Koffer packt und zu den Hebriden reist, wird leicht bei den Hybriden landen. Hebriden und Hybriden, das klingt so gleich und ist doch so verschieden: Das Hybride ist aus zwei Sachen zusammengesetzt, das Hebride ist dagegen eher kleinteilig vor Schottlands Küste verstreut.

Trifft unser Reisender durch die homonyme Wörterwelt also versehentlich auf die Hybriden, wird ihm sein mitgeführter Koffer durchaus zupasskommen, denn womöglich kann er darin ein paar passende Kofferworte finden. Ist nämlich so ein Hybrid, Bastard oder Mischling, gezeugt durch zügellose Hybris (frevelhafter Übermut), erst mal in der Welt, will er natürlich seinen eigenen neuen Namen, er braucht ein Kofferwort. Was das ist? "Verstehst du, das ist wie bei einer Schachtel - es sind zwei Bedeutungen in ein Wort gepackt", erklärt Humpty Dumpty der staunenden Alice im Wunderland. Der praktische Lewis Carrol nannte solche Worte, aus dem Französischen entlehnt, portemanteaus (Tragekoffer), der Franzose selbst sagt dazu mot-valise, und wir nennen es "Kofferwort", was sich wiederum vom französischen coffre herleitet. So schließt sich der nachbarschaftliche Kreis der Koffer vortrefflich. Ein schönes Kofferwort bei Carrol ist der berühmte "Snark", entstanden aus snail und shark. Oder war es snake und shark? Das weiß der Jabberwocky.

Die neuen Wörter nennen wir Sprachforscher Neologismen, den Wortverschmelzungsprozess bezeichnen wir dann mit einem Wort aus der zahnärztlichen Praxis als Amalgieren oder bei schmutzigeren Begriffen als Kontaminieren. Moderne Kofferwörter sind passenderweise das "Motel", zusammengesetzt aus Hotel und Motor, der beliebte "Liger" aus Löwe und Tiger oder der "Brunch" aus breakfast und lunch. Das "Brynch" ist ein Brunch mit schlechtem Ausgang für den Koch, angerichtet aus brunch und lynch.

Der Begriff Kofferwort ist von Carrol. Nicht jedoch die Koffertechnik. Schon Johann Fischart klitterte solche Wörter zusammen und so gilt seine "Affentheuerlich naupengeheuerliche Geschichtsklitterung" als das "Finnegans Wake" des 16. Jahrhunderts. Seine "eilig hingekleckste" Geschichte ist eine frei übersetzte und selbst erweiterte Fassung des "Gargantua" von Rabelais und gilt laut Wikipedia als ein schönes Beispiel des Grobianismus (!). Welchem Donaldisten fielen da nicht Grobian Gans und seine "Ducks" ein?

Doch zurück zu den Koffern. Michael Ende packte seinerzeit in seinen "Satanarchäolügenialkohöllischen Wunschpunsch" satte acht Wortbedeutungen und fuhr umgehend in die Wortspielhölle ein. Joyce jedoch ist der unangefochtene Möbelwagenkofferwortvollpacker: Er stapelte tausende Portemanteaus in "Finnegans Wake" und ließ dazu noch zehn hundertbuchstabige, vollgekofferte "Donnerschläge" krachen. Dazu persiflagisierte er Carrol im gleichen Wake-Werk als stammelnden Götterer (göttlichen Stotterer). Stotterer gelten ja als Reisende, die ihren rumpelnden Rollkoffer zu voll gepackt haben. Was solls, wenn am Ende ein Oskar herausspringt.

Und irrender Reisender, kommst du dann endlich auf die Hebriden, dann wirst du wahrscheinlich feststellen, dass du noch ein Kofferwort in Berlin vergessen hast. Krast!

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kari

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