Ein Vater und zwei Mütter

Britische Forscher züchten Embryonen mit drei genetischen Eltern

Britische Forscher haben Embryonen mit drei genetischen Eltern gezüchtet. Noch sind es in Großbritannien nur Reagenzglasversuche. Die Embryonen sind nach wenigen Tagen vernichtet worden. Die Forscher von der Newcastle Universität im Nordosten Englands wollen mit den Experimenten einen Weg finden, um eine Gruppe von seltenen Erbkrankheiten zu verhindern. Konkret geht es um Krankheiten, die mit der Mitochondrien-DNA weitervererbt werden.

Mitochondrien, die auch als „Kraftwerke der Zelle“ bezeichnet werden, besitzen eine eigene DNA. Obwohl die Mitochondrien nur wenige Gene besitzen – insgesamt hat der Mensch rund 23.000 Gene –, können Veränderungen schwere, zum Teil auch tödliche Krankheiten auslösen, wie etwa Muskelschwäche, Herzfehler oder Blindheit. Etwa eins von 6.500 Neugeborenen leidet unter einem schweren mitochondrialen Defekt.

Damit diese Mitochondrien-DNA nicht vererbt wird, hat das Forscherteam um Doug Turnbull die Zellorganellen während einer künstlichen Befruchtung ausgetauscht. In der Regel werden nur die Mitochondrien der Mutter vererbt. Der in die Eizelle eindringende Spermienkopf enthält keine Mitochondrien mehr.

Die britischen Forscher haben deshalb in einem sehr frühen Stadium aus einer befruchteten Eizelle die noch nicht verschmolzenen weiblichen und männlichen Zellkerne herausgeholt und in eine entkernte Eizelle übertragen. In der „Spender“-Eizelle war also nur noch mitochondriales Erbmaterial vorhanden.

Die damit gezüchteten Embryonen enthielten somit das väterliche und mütterliche Erbmaterial sowie die Mitochondrien-DNA aus der Spender-Eizelle.

Noch darf in Großbritannien diese Methode in den Reproduktionskliniken nicht angewandt werden. Zuvor sollen noch weitere Experimente zeigen, dass dieses Verfahren auch sicher ist.

Weitaus weniger vorsichtig ist man in den USA. Schon 1997 kam dort am Saint Barnabas Medical Center in Livingston, New Jersey, das erste Kind mit zwei genetischen Müttern und einem genetischen Vater auf die Welt. Dort wurden einfach „fremde“ Mitochondrien in die befruchtete Eizelle übertragen. Inzwischen wurden in den USA schon zahlreiche Kinder mit dieser Methode gezeugt. WOLFGANG LÖHR