Einfrieren verboten, sogar in der Gruft

BESTATTUNG Leichen für später frisch halten? Das scheitert in Deutschland an Recht und Ordnung

Was mit dem Körper eines Toten zu passieren hat, ist in Deutschland genau geregelt. Zuständig sind die Bundesländer, die Kernvorschriften sind aber überall identisch. „Leichen sind zu bestatten“, heißt es etwa im niedersächsischen Gesetz über das Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen. Und in dem Gesetz ist natürlich auch genau geregelt, was unter einer Bestattung zu verstehen ist: „Die Bestattung kann nur als Begräbnis (Erdbestattung) oder als Einäscherung mit anschließender Aufnahme der Asche in einer Urne und Beisetzung der Urne (Feuerbestattung) durchgeführt werden.“ Zudem muss die Leiche auf einem kirchlichen oder kommunalen Friedhof bestattet werden.

Als die niedersächsischen Abgeordneten die Regeln im Jahr 2005 grundlegend überarbeiteten, beantragten die Grünen vergeblich, dass Urnen auch zu Hause aufbewahrt werden dürfen. Die CDU wies das mit dem Argument ab, dass die Nachfahren mit der Urne nicht würdig umgehen könnten. „Selbst wenn die erste Generation vermutlich noch eine intensive Bindung an den Verstorbenen hat, sieht es doch in der Generation der Enkel und Urenkel ganz anders aus“, sagte die CDU-Abgeordnete Heidemarie Mundlos. Zwar gebe es einerseits das Recht, selbst darüber zu bestimmen, was nach dem Tod mit seinem Körper passiert. Doch andererseits müsse man „doch ganz klar und deutlich sagen, dass das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit dort eine Grenze findet, wo die Rechte anderer verletzt werden, wo möglicherweise gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstoßen wird“.

Eine Ausnahme ist nur für Christen erlaubt. Sie dürfen ihre Angehörigen auch in der Krypta einer Kirche bestatten lassen. Für Anhänger der Kryonik ist es aber keine Lösung, nun zum Christentum überzutreten: Selbst wenn der Friedhofszwang fällt, so bleibt doch der Zwang zur Erd- oder Feuerbestattung bestehen.

Derzeit ist es nirgendwo in der Europäischen Union möglich, sich einfrieren zu lassen. Der französische Arzt Raymond Martinot hat es ausprobiert: Nachdem er im Jahr 2002 im Alter von achtzig Jahren gestorben war, kam er in eine Spezialtiefkühltruhe, die er in der Gruft des Familienschlosses im westfranzösischen Nueil-sur-Layon eingebaut hatte. Sein Sohn klagte vor Gericht, damit die Behörden die Tiefkühlung akzeptierten. Er verlor in der ersten Instanz, er verlor in der zweiten Instanz, er verlor in der dritten Instanz. Als letzte Hoffnung blieb ihm nur noch eine Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Dann versagte die Kühltruhe. Der Sohn, der jahrelang darum gekämpft hatte, den Wunsch seines Vaters zu erfüllen, musste aufgeben. Die Leiche von Raymond Martinot wurde verbrannt. SEBASTIAN HEISER