Lernen aus der Krise: EU-Finanzminister für mehr Aufsicht

Nach Plänen der EU soll eine Stabilitätsgruppe künftig den Finanzmarkt beobachten - das Attac-Netzwerk hält das für "kleine Reparaturen" und fordert weitergehende Reformen.

Familienfoto der EU-Finanzminister: "Es macht keinen Sinn, dass jedes Land weiter vor sich hin werkelt" Bild: dpa

Mitten in der Finanzmarktkrise beraten die EU-Finanzminister an diesem Wochenende im slowenischen Brdo über eine verbesserte Aufsicht der Kreditwirtschaft. Bereits im Vorfeld wurde deutlich, dass Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) dabei die Vorschläge der EU-Kommission unterstützt.

Demnach sollen die nationalen Aufsichtsbehörden und Zentralbanken stärker verknüpft werden. Zudem soll eine "grenzüberschreitende Stabilitätsgruppe" die Verantwortung für den Wertpapierhandel, das Versicherungswesen und für EU-weite Bankgeschäfte übernehmen. Die Forderung nach einer gemeinsamen europäischen Institution, um nationale Aufsichtstraditionen zu überwinden, wiegelte Steinbrück allerdings ab. Zuerst werde es um eine bessere Kooperation gehen, sagte er. Für die Zukunft schloss er eine gemeinsame europäische Finanzaufsicht nicht aus. Österreichs und Großbritanniens Finanzminister äußerten sich ähnlich. Österreichs Finanzminister Wilhelm Molterer (ÖVP) sagte aber auch, er halte eine einheitliche Aufsicht momentan nicht für realisierbar.

In der von der EU angeregten Stabilitätsgruppe sollen Vertreter aus den nationalen Aufsichtsbehörden, den Finanzministerien und den Zentralbanken in permanentem Austausch stehen und so drohende Finanzkrisen frühzeitig erkennen. Die EU-Kommission geht davon aus, dass dafür bis zu 46 Gremien notwendig sind.

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac äußerte sich kritisch zu den Plänen. "Es macht keinen Sinn, dass jedes Land weiter vor sich hin werkelt", sagte Detlev von Larcher der taz. Nötig sei eine unabhängige europäische Finanzmarktaufsicht mit einheitlichen Vorschriften für alle Mitgliedsländer. Die Vorschläge zeigten das geringe Interesse an einer umfassenden Regulierung, sagte von Larcher.

Steinbrück machte vor dem Spitzentreffen deutlich, dass er auch auf die Eigenverantwortung der Branche setzt. Alle Banken sollten die Lehre aus der Krise ziehen, "dass sie stärker den Blick auf die Risiken haben und sich nicht von der Gier nach Rendite treiben lassen", sagte Steinbrück. Es könne nicht sein, dass sich ein Institut der Mittelstandsfinanzierung wie die IKB mit US-Hypotheken "verzockt". Kritik am Finanzministerium, das im Aufsichtsrat der IKB vertreten ist, wies Steinbrück zurück. Die Kontrollgremien könnten nur auf Grundlage der Informationen des Vorstandes tätig werden. "Genau daran hat es gemangelt, sowohl in Deutschland wie in den USA", sagte Steinbrück.

Für Attac-Experte von Larcher sind die Pläne lediglich Flickschusterei. Ein besserer Informationsaustausch zwischen den EU-Mitgliedsländern schütze nicht vor weiteren Krisen. Er fordert weitergehende Umstrukturierungen - etwa, dass die Dominanz des Finanzmarktes eingeschränkt werde, weil dieser zunehmend negativen Einfluss auf die reale Wirtschaft habe. "Kleine Reparaturen" wie die geplante Reform der Finanzmarktaufsicht reichen da nicht. "So hangeln wir uns nur von Blase zu Blase."

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