Argentinien streitet um Agrarexportsteuer: Sojabohnen lösen Staatskrise aus

Die Bauern in Argentinien wehren sich dagegen, dass die Exportsteuer für ihre Produkte kräftig angehoben wird. Die könnten nur noch Großgrundbesitzer und große Saatpools aufbringen.

Argentiniens Bauern laufen Sturm gegen die Steuerlast. Bild: dpa

BUENOS AIRES taz Argentiniens Agrarverbände und die Regierung mobilisieren - kurz vor dem parlamentarischen Showdown. Am heutigen Mittwoch entscheidet der Senat über die umstrittenen Exportsteuern auf Agrarprodukte, die dem Staat jährlich mehrere Milliarden Dollar einbringen sollen.

Einen Tag zuvor ließen beide Seiten ihre Anhänger in der Hauptstadt Buenos Aires aufmarschieren. "Wir müssen zeigen, dass wir Abertausende sind, die nicht mit der Regierungspolitik einverstanden sind", so Eduardo Buzzi, Präsident der Federación Agraria Argentina. Und Expräsident Néstor Kirchner verlangt, dass der Platz vor dem Kongress zur Unterstützung der Regierungspolitik von Präsidentin Cristina Kirchner zum "Überlaufen" gebracht werden muss. Seit 125 Tagen laufen die argentinischen Landwirte Sturm gegen eine dynamische Anhebung der staatlichen Exportabgaben auf Soja und andere Agrarprodukte.

Im März hatte die Regierung beschlossen, dass die Abgaben umso höher sein sollen, je höher der Weltmarktpreis ist. Was als Maßnahme zur Sanierung des Staatshaushalts gedacht war, hat sich jetzt zu einer handfesten politischen Krise und einem verbitterten Verteilungskampf um Ernteeinnahmen entwickelt. Land und Stadt stehen sich unversöhnlich gegenüber.

Lange waren die Landwirte ruhig. Auch als die Regierung 2007 die Exportsteuer für Sojabohnen zunächst auf 27, später auf 35 Prozent angehoben hatte. Schließlich stiegen auch die Weltmarktpreise für Soja und Getreide kräftig. Die Rechnung ging noch immer auf. Doch nun liegt die Exportsteuer bei 47 Prozent - und die Rechnung geht nicht mehr auf.

Bleibt es bei den hohen Abgaben, wird es für die kleinen und mittleren Produzenten knapp. Für die nächste Aussaat werden sie sich erstmals kräftig verschulden. Die Kosten für Saatgut, Dünge- und Pflanzenschutzmittel haben sich innerhalb eines Jahres mehr als verdoppelt, dazu kommen die hohen Treibstoffpreise.

Der argentinische Agraringenieur Federico Della Vedova erklärt: "Wer 2007 auf seinen eigenen 300 Hektar Ackerfläche Soja anbaute, musste gut 185.000 Dollar investieren." Heute seien es gut 292.000 Dollar. Er fürchtet, dass es langfristig nur noch zwei Produzententypen geben wird: den originären Großgrundbesitzer, der seinen eigenen Grund und Boden bestellt und seine Investitionen auf das Allernötigste beschränkt. Und die großen Saatpools, die bis zu 30.000 Hektar Soja anbauen und sich schon jetzt immer weiter im Land ausbreiten. Die Pools funktionieren wie Anlagefonds, bei denen es in erster Linie um die Rendite für die Investoren geht. Die Anbaufläche ist zusammengepachtet.

Bisher gibt es zwischen Bauern und Regierung keine Einigung. Präsidentin Kirchner hat ihre Verordnung dem Kongress vorgelegt - um sich Rückendeckung zu holen. Mit Subventionszusagen hat das Abgeordnetenhaus die Exportsteuer bereits mit knapper Mehrheit gebilligt. Doch den staatlichen Subventionszusagen vertraut auf dem Land niemand. "Wenn die Verordnung diesen Mittwoch im Senat durchkommt, geht der Protest weiter", meint Della Vedova.

JÜRGEN VOGT

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