Neue Reaktoren für Tschechien: Akw Temelin soll größer werden

Obwohl die meiste Energie ins Ausland verkauft wird, planen die halbstaatlichen Betreiber neue Reaktoren. Tschechiens Regierung steht vor einer Zerreißprobe.

Kontrollmessungen im Reaktor 2 in Temelin. Bild: dpa

PRAG taz Das international umstrittene Atomkraftwerk Temelín soll erweitert werden. Die halbstaatlichen Tschechischen Elektrizitätswerke (CEZ) haben das tschechische Umweltministerium um eine entsprechende Umweltverträglichkeitsprüfung, kurz UVP, ersucht. Geplant ist, das Kraftwerk um zwei weitere auf insgesamt vier Reaktorblöcke zu vergrößern. Auch der große Bruder Temelíns, das mährische AKW Dukovany, soll erweitert werden. Dort wäre noch Platz für ein paar tausend Megawatt, meint Tschechiens Industrieminister Martin Riman.

Ein paar tausend Megawatt sind auch für das AKW Temelín geplant. Noch ist zwar unklar, mit welchen Reaktoren das Kraftwerk ausgebaut werden soll. Die vier, die in der engeren Auswahl stehen, gibt es selbst weltweit nur als Prototypen. Sicher ist aber, dass die neuen Reaktorblöcke eine Leistung von jeweils 1.700 Megawatt haben sollen. Und wenn die ans Netz gingen, würde Tschechien zur Atomstrommacht. Denn die Erweiterung Temelíns würde das Land zum drittgrößten Energieerzeuger Europas machen.

Offiziell ist es aber nicht energetisches Elitestreben, das die Erweiterung Temelíns begründet, sondern die Angst vor dem großen Stromausfall. Erhöhen wir unsere Energieproduktion nicht, dann gehen 2015 die Lichter aus, warnt die Atomlobby. Dabei verkauft Tschechien rund zwei Drittel seiner erzeugten Energie bereits jetzt ins Ausland.

Der Auslöser der angestrebten AKW-Erweiterung, mit der Politik und Wirtschaft seit langem kokettieren, ist eine vor kurzem veröffentlichte Studie einer unabhängigen Energiekommission. Die hat allerdings lediglich empfohlen, umgehend Umweltverträglichkeitsprüfungen für sämtliche geplanten Energieprojekte zu beantragen. "Atomkraft sehen wir als die bestmögliche Lösung, sowohl aus ökonomischer wie auch ökologischer Sicht", erklärt Martin Roman, Chef der CEZ. "Tschechien wird von einer Stromknappheit bedroht, auch wenn das manchen im Augenblick unreal erscheint, weil wir Energie exportieren", sagt Oldrich Vojír, der konservative Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses des tschechischen Unterhauses.

Die Volksvertreter setzen auf eine strahlende Zukunft: 190 der 200 Unterhausabgeordneten, so fand das Wirtschaftsmagazin Ekonom heraus, wollen für die Erweiterung Temelíns stimmen. Doch noch sind der Regierung die Hände gebunden. Der Koalitionsvertrag zwischen der konservativen Bürgerpartei (ODS), den Christdemokraten (KDU-CSL) und den Grünen schließt einen Ausbau der Atomkraft aus.

Doch die ODS rechnet offensichtlich nicht mehr mit den Grünen. Die sind, auch wegen der geplanten AKW-Erweiterungen, hoffnungslos zerstritten. Und ihr Vorsitzender, Umweltminister Martin Bursík, muss zu allem Überfluss die UVP für Temelín durchführen. Sollte die Regierung sich zu einer Erweiterung entschließen, werde er zurücktreten, kündigte Bursík an.

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