Gericht bremst Kaufwut von Eon und RWE

Bundesgerichtshof: Große Energieversorger dürfen sich nicht weiter bei Stadtwerken beteiligen. Grund: Marktbeherrschende Stellung darf nicht verstärkt werden. Die vielen bisher erworbenen Beteiligungen werden dadurch aber nicht infrage gestellt

VON CHRISTIAN RATH

Die großen Energiekonzerne Eon und RWE dürfen nicht mehr bei örtlichen Stadtwerken einsteigen. Dies entschied gestern der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Selbst bloße Minderheitsbeteiligungen sind den Konzernen in Zukunft verwehrt. Der BGH bestätigte damit eine Verfügung des Bundeskartellamts. Die bisherigen Beteiligungen sind von dem Urteil allerdings unberührt.

Konkret ging es in dem Verfahren vor dem BGH um den Einstieg von Eon bei den Stadtwerken Eschwege. Eon wollte zwar nur ein Drittel der Anteile übernehmen, aber das Bundeskartellamt untersagte 2003 die Beteiligung. Die Begründung der Wettbewerbshüter war sehr grundsätzlich: Eon und RWE verfügten in Deutschland über ein marktbeherrschendes Duopol, das nicht weiter verstärkt werden dürfe. So erzeugen die beiden Konzerne zusammen mehr als 60 Prozent des deutschen Stroms und machten sich gegenseitig kaum Konkurrenz.

Der Strommarkt ist zwar seit 1998 liberalisiert, doch die Engpässe an den Kuppelstellen zum Ausland sorgen dafür, dass ausländische Anbieter nach wie vor kaum für Konkurrenz sorgen können. Dagegen sicherten Eon und RWE ihren Absatz, indem sie bei immer mehr Stadtwerken einsteigen. Schon jetzt sind die beiden Marktführer an 204 Stadtwerken beteiligt. 134 davon gehören zum Einflussbereich von Eon, 70 zu RWE.

Doch mit dieser Expansion ist jetzt Schluss. „Zwischen den beiden Marktführern Eon und RWE besteht kein nennenswerter Wettbewerb“, so der BGH. Auch kleinere Konkurrenten wie EnBW und Vattenfall seien nicht in der Lage, ausreichenden Konkurrenzdruck aufzubauen. „Zusätzliche Beteiligungen von Eon und RWE würden den Wettbewerb weiter einschränken“, so die Schlussfolgerung des BGH; sie könnten daher vom Kartellamt untersagt werden.

Eon nörgelte zwar, das Urteil beurteile die Lage von 2003. „Die Energielandschaft hat sich schon deutlich geändert, so ein Eon-Sprecher. Das sieht man beim Kartellamt aber anders. In einem Schriftsatz vom November 2006, der der taz vorliegt, erläuterte das Amt, dass die Marktbeherrschung „nach wie vor“ bestehe.

Bärbel Höhn, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der grünen Bundestagsfraktion, begrüßte zwar das Urteil, kritisierte aber auch das Bundeskartellamt. Dieses habe erst „viel zu spät“ weitere Beteiligungen der großen Energiekonzerne blockiert. Schon 40 Prozent der Stadtwerke hätten heute als Miteigentümer einen der vier großen Energieversorger.

Die Linke forderte gestern sogar ein „vollständiges Beteiligungsverbot“ für die marktbeherrschenden Großen. „Das Kartell hinter der Steckdose muss jetzt in die Schranken gewiesen werden“, sagte der Abgeordnete Hans-Kurt Hill.

Eon denkt nun darüber nach, seine Tochter Thüga, die wiederum an 90 Energieversorgern beteiligt ist, zu verkaufen. Schmale Gewinnmargen haben laut Branchenbeobachtern die Überlegungen bei Eon ausgelöst.