Transnet-Chef Krauß tritt nicht wieder an

Wegen seiner Haltung zu Börsengang und Bonuszahlungen stand der Chef der Bahngewerkschaft in der Kritik

BERLIN taz ■ Der Vorsitzende der größten Bahngewerkschaft Transnet gibt auf: Nach heftiger Kritik an seinem Kurs bei der Privatisierung der Bahn und den damit verbundenen Bonuszahlungen verzichtet Lothar Krauß auf eine erneute Kandidatur beim Gewerkschaftstag, der am Sonntag in Berlin beginnt. „Transnet befindet sich in einer ihrer schwersten Krisen“, sagte Krauß am Mittwoch zur Begründung. Der Streit über den Börsengang habe die Mitglieder „stark verunsichert“. Zudem habe der Wechsel des früheren Gewerkschaftsvorsitzenden Norbert Hansen in den Bahnvorstand „bei vielen Mitgliedern Wut und Ärger ausgelöst und ihr Vertrauen in die Führung von Transnet erschüttert“.

Krauß war erst im Mai als Nachfolger von Hansen an die Transnet-Spitze gerückt. Dort setzte er den Kurs der engen Kooperation mit dem Bahnvorstand fort: So stimmte er im Aufsichtrat dafür, dass die Vorstandsmitglieder der Bahn – und damit auch sein Vorgänger Hansen – im Fall des Börsengangs sechsstellige Boni erhalten. Infolge dieser Entscheidung war auch Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) massiv unter Druck geraten und hatte seinen Staatssekretär entlassen, der ebenfalls im Aufsichtsrat für die Bonuszahlungen war. Mittlerweile hat die Bundesregierung den Börsengang wegen der Finanzkrise verschoben.

Innerhalb von Transnet wuchs durch die Bonus-Entscheidung auch die Kritik am Gesamtkurs der Gewerkschaft zur Bahn-Privatisierung. Während viele Mitglieder den Börsengang ablehnen, hat die Transnet-Spitze den Kurs von Bahnchef Hartmut Mehdorn stets unterstützt. Seit Jahresbeginn hat Transnet nach Informationen der Zeitung Die Welt rund 9.000 Mitglieder verloren. Zum Rückzug entschlossen haben soll sich Krauß, als sich in mehreren Probeabstimmungen unter Delegierten des Gewerkschaftstages keine Mehrheit für ihn abzeichnete.

Als Nachfolger nominierte der kurzfristig zusammengekommene Transnet-Vorstand am Mittwoch Alexander Kirchner. Der 52-Jährige gehört dem Transnet-Vorstand seit dem Jahr 2000 an und ist seit Mai dieses Jahres stellvertretender Vorsitzender. MALTE KREUTZFELDT