Seit der Großen Depression: Schlimmste Krise der Weltwirtschaft

UN-Prognose: Die Weltwirtschaft könnte 2009 um 0,4 Prozent schrumpfen. Und das beträfe auch die ärmeren Länder.

Die Entwicklungshilfe wird unter der Weltwirtschaftskrise leiden. Bild: dpa

BERLIN taz Die Weltwirtschaft könnte 2009 schrumpfen: Mit dieser Vorhersage sind die Vereinten Nationen (UN) die Ersten, die die globale Krise auch faktisch auf dem Niveau der Großen Depression der 1930er-Jahre verorten. In ihrem UN-Bericht "Worlds Economic Situation and Prospects 2009" kommen die Experten zu dem Ergebnis, dass die Schwellenländer es nicht schaffen, den Ausfall der bisherigen Konjunkturlokomotive USA zu kompensieren. Das weltweite Bruttosozialprodukt, also die Summe aller global produzierten Waren und Dienstleistungen, wird deshalb um bis zu 0,4 Prozent zurückgehen.

Normalerweise stellen die UN ihre jährliche Prognose im Januar vor. Dieses Mal haben sie die wesentlichen Kapitel vorgezogen und bereits am Montag auf der UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Doha präsentiert. Botschaft: Die Folgen der Krise für die sich entwickelnden Länder sind bislang zu wenig berücksichtigt worden. Frühere Prognosen waren davon ausgegangen, dass die Rezession zwar fast alle Industriestaaten trifft, dass aber das Wachstum der Schwellenländer dafür sorgt, dass die Wirtschaftsleistung global immer noch um 2 bis 3 Prozent zunimmt.

Die Autoren des UN-Reports befürchten, dass sich die Lage auf dem Geldmarkt nicht entspannt und in den Industriestaaten Kreditklemmen auftreten. Das Ergebnis ist eine Abwärtsspirale, die das Vertrauen in die Finanzmärkte unterminiert und dafür sorgt, dass auch die Rettungsmaßnahmen nicht greifen.

Die Schwellen- und Entwicklungsländer sind über mehrere Kanäle betroffen: Nicht nur die Rohstoff-, sondern ihre gesamte Exportwirtschaft wird wegen der fallenden Nachfrage aus den Industrieländern gebremst. Zudem haben sie damit zu kämpfen, dass Investoren ihr Geld in vermeintlich sicherere Häfen umschichten. Das sorgt nicht nur für Währungsturbulenzen, sondern auch dafür, dass Geld für Gegenmaßnahmen fehlt.

Am stärksten betroffen sind bislang Mexiko, für das der Report für 2009 ein Schrumpfen von 1,2 Prozent vorhersagt, und Brasilien, wo die Wirtschaft mit 0,5 Prozent stagnieren soll. Insgesamt gehen die Autoren davon aus, dass die Schwellenländer 2009 nur noch um 2,7 Prozent wachsen - nach 7 Prozent 2007 und 5,9 Prozent 2008. Noch schlechter sieht es in den ärmeren Ländern aus, die nach 7,8 Prozent 2007 sowie 6,4 in diesem Jahr im kommenden nur noch um 2 Prozent zulegen sollen.

Die UN-Experten befürchten, dass neben den privaten Geldflüssen auch die staatlichen Quellen versiegen: "Die Entwicklungshilfe dürfte zurückgehen, wenn sich die Geberländer in der Krise nicht mehr an frühere Zusagen erinnern wollen."

Ein Schlupfloch lassen sich die Experten aber offen. Sie zeigen in ihrem Bericht drei mögliche Entwicklungen auf. In ihrem optimistischsten Szenario würde die weltweite Wirtschaftsleistung um 1,6 Prozent wachsen. Dazu müssten die Finanzmärkte in den Industrieländern jedoch binnen sechs bis neun Monaten zur Normalität zurückkehren. Außerdem müssten in der ersten Hälfte 2009 weltweit Konjunkturpakete in einer Größenordnung von 1,5 bis 2 Prozent der Wirtschaftsleistung umgesetzt werden. Ein Wachstum von einem Prozent wäre im Basisszenario zu erwarten, für das die Autoren auch die sehr schnelle Normalisierung der Finanzmärkte voraussetzen. "Tag für Tag bringt uns aber dem pessimistischen Szenario näher", sagt UN-Chefökonom Rob Vos.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.