Umweltbelastung für die Nordsee: Ein Kilo Krabben, neun Kilo Müll

Krabbenfischerei in der Nordsee wird zur Umweltbelastung: Fischer schmeißen den Großteil des Fangs wieder über Bord. Das Problem sind zu kleinmaschige Netze.

Laut WWF sind Nordseekrabben aber immer noch umweltverträglicher als tropische Shrimps. Bild: reuters

Möwen ist ein üppiges Mahl gewiss, wenn sie den Krabbenkuttern folgen, die täglich die Häfen an der Nordseeküste verlassen. Die Fischer werfen das Gros des Getiers, das sie an Bord hieven, wieder ins Meer zurück: Pro Kilo brauchbare Krabbe sind das bis zu 9 Kilo zu kleine Krabben, Babyschollen oder junge Seezungen. Das zeigt die Studie "Nicht nur Krabben im Netz", die die Umweltstiftung WWF am Donnerstag veröffentlicht hat.

Hans-Ulrich Rösner, der das WWF-Wattenmeerbüro in Husum leitet, sagt: "Die Krabbenfischerei in der südlichen Nordsee und im Wattenmeer ist eine der beifangreichsten Fischereien." Feinschmecker schätzen die Krabben, auch Granat oder Nordseegarnele genannt. Und Umweltschützer warnten bislang eher vor tropischen Garnelen aus Aquakulturen. Für Fischfarmen werden Mangrovenwälder abgeholzt, Zuchtfische sind mit Antibiotika gepäppelt. Rösner: "Krabben sind immer noch besser als tropische Shrimps" - aber auch nicht erste Wahl.

Den deutschen Nordseefischern bringen Krabben so viel Geld wie sonst keine Fischereisparte, im Jahr bis zu 90 Millionen Euro. In zwölf Monaten fangen sie rund 38.000 Tonnen Krabben, in den Neunzigerjahren waren es noch 20.000. Die appetitliche rötliche Farbe nimmt die Delikatesse erst an, wenn sie gegart wird. In den Prielen an der Küste wirkt sie unscheinbar: Crangon crangon, so der lateinische Name, huscht glasig über den Boden und wird maximal 9 Zentimeter lang.

Das Problem: Wer die kleine Garnelenart fangen will, braucht kleinmaschige Netze. Die rund 650 Krabbenkutter in der südlichen Nordsee und im Wattenmeer schleppen ihr vorne weit offenes Netz über den Grund. Ein Fisch, der drin ist, kommt nicht wieder raus, auch wenn er klein ist. Krabben werden meist dort gefangen, wo Kabeljau, Scholle, Wittling ihre Kinder aufziehen - im flachen Wasser.

Die Europäische Union hat die Misere erkannt. Anders als etwa für Kabeljau gibt es für Krabben zwar keine Fangquoten, sie schreibt aber seit 2003 Trichternetze vor - Netze mit Notausgang. Der Trichter ist so grobmaschig, dass Krabben durchflutschen, Fische aber zurückgehalten und zum Auslass an der Netzunterseite geleitet werden.

Die EU-Mitgliedstaaten haben jedoch Spielräume bei der Umsetzung der EU-Vorgabe. So gibt es für deutsche und niederländische Fischer - auf ihr Konto gehen 85 Prozent des Krabbengeschäfts - Ausnahmen. Deutsche Kutter dürfen von Mai bis Ende September ohne Netz mit Fluchtweg losfahren. Knud Bußmann, der Chef des schleswig-holsteinischen Landesverbandes der Krabbenfischer, erklärt: "Der Beifang macht nur Arbeit, auch wir wollen ihn vermindern." Die Trichternetze setzten sich aber im Sommer mit Algen zu, die dann vor allem im Wattenmeer blühen. WWF-Experte Rösner fordert trotzdem die dänische Variante: Im Nachbarland ist die Krabbenfischerei im Wattenmeer, wo den Fischern immer der meiste Beifang ins Netz geht, ganz untersagt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.