Buko-Kongress in Lüneburg: "Herrschenden in den Hintern treten"

Die Teilnehmer des Buko-Kongresses rufen zu weltweit koordinierten Protesten gegen Ausbeutung auf. Einige wollten aber voher erst mal die Begriffe klären.

"Die Bäume fällen sich nicht von allein, und die Flüsse verschmutzen sich nicht von allein." Bild: dpa

LÜNEBURG taz Derzeit machen es irgendwie alle, die Bundeskoordination Internationalismus (Buko) trat schon 1977 dazu an, die Risiken und Ungerechtigkeiten des Weltwirtschaftssystems zu kritisieren. Seitdem lädt der Zusammenschluss entwicklungspolitischer Initiativen jedes Jahr zum Kongress. Am vergangenen Wochenende kamen nun 350 TeilnehmerInnen in die Lüneburger Leuphana Universität, um zu beraten, wie man dem "gegenwärtigen Krisenmanagement ein deutliches Ya basta!" entgegensetzt.

Der Weg führe über die Analyse sozialer Auseinandersetzungen, sagte der Gastredner und amerikanische Philosophieprofessor George Caffentzis: "Wir müssen die Kämpfe lesen lernen." - "Under Construction. Transformationen in Zeiten der Krise" war das Kongressmotto. So debattierten die Besucher, welche neuen Deutungsmuster der von Caffentzis empfohlenen Lektüre zugrunde gelegt werden könnten. "Wer sind denn die Leute, die weltweit für ein anderes Leben kämpfen?", fragte eine Teilnehmerin. Klar sei, dass die Krise zu "zugespitzten Angriffen auf ein antagonistisches Subjekt" führe - doch dies gelte es erst einmal zu fassen: "Wir müssen alte Gewissheiten infrage stellen, auch den Klassenbegriff."

Buko-Aktivist Jürgen Weber, der darüber referierte, wie indische ArbeiterInnen mit dem Ende des Booms im eigenen Lande umgingen, hielt die Wirtschaftskrise vor allem für eine "Krise der Repräsentation" - die vom Wirtschaftssystem Ausgeschlossenen hätten keinen Zugang zur Gestaltung desselben.

Einem Zuhörer war dies zu weit weg: "Die Frage für uns ist doch: Wie verstehen wir unser Verhältnis zum Proletariat und den BäuerInnen im Trikont?" Das Problem sei, dass es da "noch kein praktisches Verhältnis gibt". Ein anderer formulierte es so: "Wie können wir denn wirklich in soziale Konflikte eingreifen? Das geht nicht über eine E-Mail-Liste und auch nicht über ein Diskussionspapier."

Es müsse eine Offensive erwachsen, forderte eine amerikanische Gewerkschaftsaktivistin: "Wir müssen aufhören, uns mit symbolischen Protesten zufriedenzugeben." Man müsse den "Herrschenden so lange in den Hintern treten, bis wir kriegen, was wir wollen."

Einen Vorschlag hierzu machte die kenianische Klimaaktivistin Wahu Mary Kaara vom Peoples Protocol on Climate Change, das für eine Beteiligung von Graswurzelinitiativen an einem neuen Klimaschutzabkommen wirbt: "Die Bäume fällen sich nicht von allein, und die Flüsse verschmutzen sich nicht von allein."

Gegen die "exzessive und rücksichtlose Ausbeutung von Naturessourcen" helfe nur eins: "Wir müssen die Kämpfe an allen Ecken dieses Planeten zusammenbringen." Kaara rief die Buko zu gemeinsamen Protestaktionen von Initiativen aus dem globalen Norden und Süden bei der UNO-Klimakonferenz im Dezember in Kopenhagen auf.

CHRISTIAN JAKOB

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