Karstadt droht Staat mit Insolvenz

HANDEL Ohne Bürgschaft ist für Karstadt am 12. Juni Schluss, sagt der Arcandor-Vorsitzende Karl-Gerhard Eick. Politik zeigt jedoch Zurückhaltung. Tengelmann-Chef: Geschäftsmodell hat sich überlebt

BERLIN | dpa Der Handelskonzern Arcandor hat mit düsteren Prognosen sein Drängen auf schnelle staatliche Finanzhilfen untermauert. „Ohne Bürgschaft ist für Karstadt am 12. Juni Schluss“, sagte Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS). Lauter wurde aber auch die Kritik von Mitbewerbern im Handel.

Wenn Arcandor und seine Kaufhaustochter Karstadt mit Steuergeld gerettet würden, sei dies ein Schlag ins Gesicht aller Unternehmer, die ordentlich gewirtschaftet haben, sagte Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub der Wirtschaftswoche vom Montag. Eick braucht bis zum 12. Juni für Karstadt eine 650-Millionen-Euro-Bürgschaft, weil dann eine Kreditlinie ausläuft.

Außerdem möchte der Konzern einen 200-Millionen-Euro-Kredit von der KfW. In der Politik gibt es dagegen Vorbehalte. Unions-Fraktionschef Volker Kauder hatte sich bereits ablehnend geäußert, weil nach seiner Ansicht Arcandor bereits vor der aktuellen Finanzkrise in Schwierigkeiten war.

Eick betonte, dass eine Fusion mit dem Konkurrenten Kaufhof zu einer Deutschen Warenhaus AG keine kurzfristige Lösung sei. Er halte einen Zusammenschluss frühestens ab 2010 für möglich, sagte Eick der Bild-Zeitung (Samstag). Es gebe noch nicht einmal „durchdachte Konzepte für einen solchen Zusammenschluss – nicht einmal von der Kaufhof-Mutter Metro“. Er lehne zudem auch „jeden Plan ab, der eine Karstadt-Insolvenz voraussetzt“.

In den 121 Karstadt-Häusern oft in bester Innenstadtlage werden nach Vollzeitstellen knapp 23.000 Menschen beschäftigt. Arcandor sieht bei einer Karstadt-Pleite aber den ganzen Handels- und Tourismuskonzern mit Thomas Cook in Gefahr.

Dann würden die Biografien von mehr als 50.000 Mitarbeitern gebrochen.

Die Warenhäuser in Deutschland verlieren vor allem wegen des Vormarschs der reinen Modeketten seit Jahren an Bedeutung. Erst am vergangenen Mittwoch hatte eine Gläubigerversammlung das Aus für die Warenhauskette Hertie mit 54 Häusern und 2.600 Mitarbeitern beschlossen. Die Überkapazitäten im Einzelhandel betrügen rund 25 Prozent, sagte Tengelmann-Chef Haub in dem Wirtschaftswoche-Interview. Das bekämen zuerst die Warenhäuser zu spüren, weil sich ihr Geschäftsmodell überlebt habe.

Karstadt-Chef Eick widerspricht dieser These. Täglich beträten 1,5 Millionen Menschen eine Karstadt-Filiale. „Soll mir, verdammt noch mal, niemand erzählen, damit ließe sich kein Geld verdienen.“