Lage bei Quelle schlimmer als gedacht

INSOLVENZEN Der Versandhändler hat seit drei Wochen kein Geld mehr. Die CSU streitet über einen Kredit

Berlin dpa | Die Rettung des insolventen Versandhändlers Quelle mit rund 8.000 Arbeitsplätzen wird zu einem Tauziehen zwischen Bayern und Berlin. Vor den entscheidenden Beratungen an diesem Montag über einen Kredit forderte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ein Machtwort von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). „Ich appelliere an die Bundesregierung, spätestens am Montag den Kredit zuzusagen, weil sonst die Arbeitsplätze bei Quelle akut gefährdet sind“, sagte er der Bild am Sonntag.

Um kurzfristig zu überleben, braucht der Konzern mit Sitz in Fürth bei Nürnberg einen Kredit von 50 Millionen Euro, von dem der Bund die Hälfte übernehmen soll. Bayern will 21 Millionen Euro beisteuern, das Land Sachsen 4 Millionen. Mit der Entscheidung aus Berlin wird am Montagabend gerechnet.

Wie am Wochenende bekannt wurde, ist die Notlage des Konzerns schlimmer als befürchtet. Seit fast drei Wochen muss das Unternehmen ohne eigenes Geld auskommen, weil es sein letztes wenige Stunden vor dem Insolvenzantrag Anfang Juni an den Mutterkonzern Arcandor überwiesen hat. Dies sei ein übliches Verfahren, sagte ein Arcandor-Sprecher. Quelle ist seitdem auf die Großzügigkeit der Lieferanten angewiesen. Auch die Druckerei des Quelle-Katalogs entschloss sich am Freitagabend, vorläufig mit der Auslieferung des neuen Katalogs zu beginnen. Sie vertraue auch auf den politischen Willen des Freistaats Bayern und der Bundesrepublik, hieß es aus der Druckerei Prinovis.

Neckermann-Chef Henning Koopmann lehnt staatliche Hilfe für den Konkurrenten Quelle ab. „Ich finde es unfair, wenn Quelle vom Staat unterstützt wird“, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. „Ein Staatskredit macht momentan vielleicht 8.000 Arbeitsplätze bei Quelle sicherer, gleichzeitig macht er aber 72.000 Arbeitsplätze bei den anderen Versendern in Deutschland unsicherer.“ Der Quelle-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Ernst Sindel ist aber zuversichtlich, dass Quelle den benötigten Kredit erhält. Insgesamt hängen nach seinen Angaben allein in Bayern mehr als 10.000 Arbeitsplätze an dem Versandhändler. Die Überweisung von Quelle an Arcandor will der Betriebsrat überprüfen lassen: „Wir wollen auf Cent und Euro wissen, wie diese letzten Tage verlaufen sind“, sagt Sindel.