BERNHARD PÖTTER RETTUNG DER WELT
: Schneeweiße Haare, rabenschwarze Weste

DIE GENERATION, DEREN RENTE JETZT GARANTIERT WURDE, HINTERLÄSST EIN ÖKOLOGISCH-ÖKONOMISCHES TRÜMMERFELD. WER DAS KRITISIERT, BEKOMMT GLEICH EIN PAAR ORDENTLICHE MORDDROHUNGEN INS HAUS

Mittwoch ist Haushaltstag: Großeinkauf, putzen, aufräumen, Wäsche waschen, Schularbeiten betreuen. Und abends koche ich dann. Vergangenen Mittwoch aber hatte ich die Nase voll: „In ein paar Jahren“, sagte ich da zu meinen Kindern, „läuft das andersrum. Dann könnt ihr für uns putzen, uns waschen und füttern. Man nennt das den Generationenvertrag.“ „Vergiss es“, meinte mein zehnjähriger Sohn, „den Vertrag unterschreibe ich nicht.“ Und seine Schwester, sieben Jahre, unterstützte ihn: „Das machen wir nicht. Da haben wir ja die ganze Arbeit.“ Undankbares Volk, dachte ich.

Aber recht haben sie.

Denn selten wurde ein Partner bei einem Kontrakt so über den Tisch gezogen wie unsere Kinder beim Generationenvertrag. Im Gegensatz zu meiner Altersgruppe, die in die Rentenkasse einzahlt, ohne zu wissen, was sie später mal zurückbekommt, sind unsere Eltern auf der sicheren Seite! Gerade hat der Bundestag trotz leerer Kassen eine Rentengarantie beschlossen, gegen die zu protestieren sogar der Finanzminister seinen eigenen Kindern empfiehlt. Das ist an sich schon ein Skandal. Aber bei den jetzt Heranwachsenden kommen zur finanziellen Bürde noch die düsteren Öko-Aussichten.

Die Generation, die jetzt in Rente geht, hinterlässt ein ökonomisch-ökologisches Trümmerfeld. Sie hat ein System entwickelt, das auf der Plünderung unserer Lebensgrundlagen basiert: Die Ozeane sind leergefischt, Wälder gerodet, Tiere und Pflanzen ausgerottet. So nett unsere Rentner im Einzelnen sind – kollektiv haben sie zu ihren produktiven Zeiten Techniken aufs Gleis gesetzt, für deren kurzfristige Erfolge wir kommenden Generationen noch lange zahlen werden: die Atomkraft, die Gentechnik, die industrielle Landwirtschaft und vor allem eine Lebensweise, die bisher nur mit billiger Energie aus Kohle, Gas und Öl funktioniert.

Es geht nicht um den Kampf gegen Oma und Opa – meist sind die gesund, aufgeschlossen und vermögend genug, um sich vorbildlich um ihre Enkel und deren Eltern zu kümmern. Aber sie können noch so viele Sparkonten für uns anlegen, es hilft nichts: In den letzten fünfzig Jahren haben sie das Kapital aufgezehrt, von dem wir und unsere Kinder eigentlich leben sollten. Die Vollbeschäftigung der „Generation Wirtschaftswachstum“, ihre soziale Absicherung, ihre Schnitzel, Urlaubsflüge und PS-Verliebtheit, all das haben sie auf einen Öko-Kredit gekauft, den unsere Töchter und Söhne abstottern werden.

Die Rentner an ihre Verantwortung zu erinnern, ist gefährlich: Die Abgeordneten des Bundestages, selbst oft nicht mehr die Jüngsten, fürchten sich vor zwanzig Millionen Wählern. Jens Spahn, CDU-MdB, fürchtet sich inzwischen auch vor Morddrohungen. Die nämlich kriegt er für seine vorsichtig vorgetragene Kritik an den Rentenplänen. Dabei könnten sich die Rentner ja schnell zu Grünen Pantern wandeln. Hier ein paar Tipps meinerseits: Nach Mallorca nur noch mit der Fähre fahren, Heizdecken in Zukunft mit Solarstrom betreiben und lebenslänglich Vegetarier werden. Selbstverständlich wäre das erst ein Anfang. Aber für ein paar ordentliche Morddrohungen Ihrerseits, liebe Rentner, wird das vermutlich schon reichen.

Ehe Sie jetzt von Ihrem vollverkabelten Altersruhesitz die erste Hassmail an mich absenden, gestehe ich ein: Meine Generation, die 40 plus, ist natürlich kaum besser. Wir sind mit billigem Öl, Würstchen im Glas und der Flugreise nach Kuba groß geworden. Unsere Alten haben das System errichtet, wir haben es benutzt. Und müssen es jetzt ganz neu erfinden. Mal sehen, was in 40 Jahren meine Enkel von mir halten.

■ Der Autor ist Hausmann und Journalist Foto: Rolf Zöllner