Rätselhaftes Finkensterben beunruhigt Naturschützer

NATUR Krankheitserreger töten Grünfinken in ganz Deutschland. Bevölkerung soll beim Schutz helfen

BERLIN taz | Von einem rätselhaften Vogelsterben, das Naturschützer seit einigen Wochen beobachten, ist mittlerweile ganz Deutschland betroffen. Bereits Ende Juni hatte der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) Alarm geschlagen, als vor allem in den nördlichen Bundesländern immer mehr tote Grünfinken gefunden wurden, die ohne ersichtlichen Grund an Futterstellen verendet waren. Inzwischen gibt es Verdachtsmeldungen aus allen Teilen der Republik.

Tierärzte vermuten, dass Trichomonaden für den Tod der Vögel verantwortlich sind. Diese einzelligen Geißeltierchen verursachen Entzündungen am Rachen und Schlund der Tiere sowie verklebte Schnäbel. „Von den bisher mehr als 800 gefundenen toten Tieren sind rund 600 Trichomonas-verdächtig“, erklärte Ingo Ludwichowski vom Nabu in Schleswig-Holstein. Erkrankte Vögel wirken müde und apathisch. Ihr Gefieder ist stark aufgeplustert und sie hecheln, da sie nur noch schlecht Luft bekommen und letztlich ersticken.

Trichomonaden sind für die Tiere hochgradig ansteckend. Über Rachen und Schnabel eines infizierten Vogels können sie an Futterstellen in die Tränken gelangen, wo sie bis zu 24 Stunden überleben. Um die Ansteckungsgefahr zu verringern, ruft Ludwichowski daher dazu auf, Wildvögel nicht zu füttern, vor allem aber keine Trinkstellen anzubieten.

Neben Grünfinken, die noch immer die größte Gruppe stellen, sind inzwischen auch Kernbeißer, Buchfinken und Elstern betroffen. Die Behandlung wildlebender Tiere ist nicht möglich. Für Menschen sind die Erreger hingegen harmlos.

Zur Aufklärung des Massensterbens bittet der Nabu die Bevölkerung um Mithilfe. Wer tote Vögel findet, sollte dies umgehend dem Umweltverband melden. Sterbende und frisch verendete Finken sollten zum Nachweis des Erregers unverzüglich den Veterinärmedizinischen Untersuchungsämtern der Länder gebracht werden.

Der Nabu befürchtet, dass das Sterben lokale Grünfinkenbestände erheblich verringern und sich noch bis in den Herbst hinziehen könnte. ANNA FEHMEL