Gipfel der Erkenntnis – mehr nicht

ERNÄHRUNGSGIPFEL Entwicklungsorganisationen kritisieren die fehlenden Zusagen in der Abschlusserklärung. Auch würden Gefahren des Klimawandels nicht genügend beachtet

„Die Ernährungskrise ist im Kern eine Verteilungskrise“

VON KLEMENS KÖHLER

Einen Tag vor dem Ende des UN-Welternährungsgipfels in Rom haben sich die Regierungschefs auf einen Entwurf für einen Fünf-Punkte-Plan geeinigt. Darin wird unter anderem auch das Recht auf Nahrung festgeschrieben. Menschenrechtsorganisationen sehen den Entwurf allerdings mit gemischten Gefühlen. Zwar konnten sie viele ihrer Forderungen durchsetzen, an konkreten Zusagen fehle es jedoch auch weiterhin.

„Das Recht auf Nahrung und der Fokus auf die Kleinbauern sind endlich im Mainstream angekommen“, lobte Rudolf Buntzel vom Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) den Entwurf für die Abschlusserklärung. Er begrüßte es auch, dass die Erkenntnisse der Internationalen Konferenz zur Agrarreform (ICARRD) anerkannt wurden. Dies sei vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen. Die ICARRD der UN-Welternährungsorganisation (FAO) fand 2006 statt und gab offiziell die Empfehlung aus, Landumverteilung und das Wissen der lokalen Bauern als Lösungsweg gegen den Welthunger anzuerkennen.

Bunzels Kritik fällt jedoch ebenso deutlich aus: Immer noch werde auf die Formel „Markt und Technologie“ gesetzt, so Bunzel. „Damit ist jedoch die Ernährungskrise erst ausgelöst worden.“ Die Technisierung – also der Anbau von Hochleistungssaatgut mithilfe von Maschinen – begünstige den Anbau auf großen Flächen mit wenigen Mitarbeitern. Die Ernährungskrise sei jedoch im Kern eine Verteilungskrise, kritisierte Bunzel. Viele Menschen könnten sich den Zugang zu Nahrungsmitteln schlicht nicht leisten, weil sie keine Arbeit haben. Das Problem sei in den vergangenen Jahren durch Spekulationen auf den Weltmärkten noch verschärft worden.

Ebenso kritisierten die Entwicklungsorganisationen, dass im Erklärungsentwurf nicht die Erarbeitung von Standards zu Landverkäufen gefordert wird. Ohne diese Richtlinien würden Konzerne und Staaten immer mehr Flächen aufkaufen, um Biokraftstoffe oder Nahrungsmittel für den heimischen Markt zu produzieren. Dieses Land werde jedoch oft bereits durch Kleinbauern bewirtschaftet, die ohne ihren Lebensunterhalt zwangläufig hungern müssten, beschreibt Evelyn Bahn vom Inkota-Netzwerk das Problem.

Eine andere Richtung schlug Michael Windfuhr von Brot für die Welt ein. Er findet es „kurios“, dass so wenig zu den dramatischen Herausforderungen des Klimawandels gesagt wurde. Was das betreffe, sei die Erklärung schon vor der Verabschiedung veraltet.

Einhellig lobten die Organisationen die künftig starke Rolle des Komitees für Ernährungssicherheit (CFS) der UNO als zentrales Gremium im Kampf gegen den Hunger. Hier sollen neben den staatlichen Akteuren in Zukunft auch Vertreter der Bauern und der Zivilgesellschaft den Kurs mitbestimmen. Eine Einschätzung, der sich auch die Experten von Oxfam und Misereor anschlossen. Es seien nach Aussage aller Organisationen jedoch noch große finanzielle Anstrengungen nötig. Dazu gebe es in dem Erklärungsentwurf nicht eine einzige verbindliche Verpflichtung.