Athens Finanzloch beschäftigt Europa

GRIECHENLAND Die Regierung will stärker sparen, doch die Zweifel daran wachsen. Euro unter Druck

„In der Eurozone gibt es keinen Staatsbankrott“, sagt EU-Kommissar Almunia

BERLIN taz | Griechenland steht das Wasser bis zum Hals. Doch allen Meldungen über eventuelle Finanzhilfen folgen umgehende Dementis. Es gebe keinerlei Gespräche mit europäischen Regierungen über eine Nothilfe, erklärte der griechische Finanzminister Giorgos Papakonstantinou. Er reagierte damit auf Zeitungsberichte, denen zufolge Mitgliedsstaaten der Eurozone Darlehen für Griechenland bereitstellen könnten. Die EU selbst oder die Europäische Zentralbank dürfen laut Maastricht-Vertrag nicht für überschuldete Mitglieder einstehen. Zuvor hatte die Athener Regierung Berichte dementiert, wonach sie mit China über den Verkauf von Staatsanleihen im Wert von 25 Milliarden Euro verhandelt habe.

Papakonstantinou räumte nun ein, Griechenland wolle auch in China für seine Anleihen werben. Ansonsten aber komme sein Land allein zurecht. Notfalls müsse man eben noch ein wenig mehr sparen. Im Oktober hatte die Regierung Papandreou das Haushaltsdefizit mit 12,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts beziffert. Die EU-Kommission hatte die Regierung in Athen allerdings kürzlich der Fälschung von Haushaltszahlen bezichtigt. Auf 2,8 Prozent wollen die Griechen ihr Defizit bis 2012 drücken. Doch die Zweifel wachsen, ob dies gegen den Widerstand der Gewerkschaften und der ganzen Gesellschaft gelingen kann.

So lehnt Kanzlerin Angela Merkel angeblich Finanzhilfen für Griechenland ab, weil sie den Sparversprechen misstraut. Die Bundesregierung hat jedenfalls die Berichte über eventuelle Finanzhilfen der Euroländer zurückgewiesen

Ebenso misstrauisch reagieren die Finanzmärkte. Der Euro notierte am Freitag unter der Marke von 1,40 Dollar und damit so niedrig wie seit einem halben Jahr nicht mehr. Und für Anleihen des griechischen Staates wird derzeit ein enormer Risikoaufschlag fällig: Mit rund 7 Prozent liegt die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen inzwischen mehr als doppelt so hoch wie für deutsche Bundesanleihen. Jede weitere Schuldenaufnahme kommt die griechische Regierung, die in diesem Jahr wohl 53 Milliarden Euro braucht, also teuer zu stehen.

EU-Währungskommissar Joaquín Almunia erklärte, eine Rettungsaktion werde es nicht geben. Aber zugleich versuchte er, die Märkte zu beruhigen: „In der Eurozone gibt es keinen Staatsbankrott“, dekretierte er in einem Fernsehinterview.

Das glauben auch die meisten Finanzanleger. Sie spekulieren auf Hilfen der EU oder des IWF. Dass darüber zumindest gesprochen werde, berichteten inzwischen jedenfalls auch Diplomaten in Brüssel. NICOLA LIEBERT