Kohlesubventionen offiziell kleingerechnet

ENERGIE Greenpeace: Förderung der Kohle ist fast siebenmal so hoch wie von der Bundesregierung angegeben. Schwarz-gelbe Koalition kann bei Stein- und Braunkohle mehr Geld sparen als angenommen

BERLIN taz | Im Zuge der Koalitionsverhandlungen über den Bundeshaushalt 2011 hat Greenpeace Sparpotenziale ausgemacht – bei der Subvention klimaschädlicher Kohle. Am Donnerstag legte die Umweltorganisation eine neue Studie vor, die sie beim Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) in Auftrag gegeben hatte. Demnach belief sich die Kohleförderung allein im Jahr 2008 auf 12,8 Milliarden Euro. Die Bundesregierung gibt in ihrem Subventionsbericht hingegen nur 1,9 Milliarden Euro an. Nach der FÖS-Rechnung betrug die Förderung von 1950 bis 2008 insgesamt 432 Milliarden Euro.

„Die Bundesregierung kürzt drastisch beim Klimaschutz, aber umweltschädliche Energieträger werden immer noch massiv subventioniert. Das macht keinen Sinn“, sagte Energieexpertin Anike Peters von Greenpeace.

Enge Begriffsdefinition

Die Umweltschützer fordern deshalb von der schwarz-gelben Bundesregierung, bei den am Sonntag und Montag stattfindenden Haushaltsverhandlungen den Rotstift bei der Kohle-Förderung anzusetzen. „Die Regierung darf den Klimakiller Kohle nicht länger bevorzugen“, so Peters. Stattdessen müsse sie den Weg für erneuerbare Energien freimachen.

Die Differenz der unterschiedlichen Zahlen ergibt sich daraus, dass die Bundesregierung den Subventionsbegriff deutlich enger definiert. Sie fasst darunter nur die Absatz-, Modernisierungs-, soziale und Stilllegungshilfen.

Die Studie hingegen bezog in die Rechnung auch die staatliche Forschungsförderung von Kraftwerkstechnik mit ein, Vergünstigungen zum Beispiel bei der Energiesteuer, die kostenlosen Zuteilung von CO2-Zertifikaten sowie die Befreiung von der Förderabgabe und den Wasserentnahmeentgelten. Greenpeace kritisiert, dass insbesondere die Braunkohle wegen der engen Definition immer wieder als „subventionsfreier Energieträger“ dargestellt werde.

Medienberichten zufolge erwägt auch Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) aufgrund der Sparzwänge, die Kohlesubventionen stärker als bisher geplant zu kürzen. 2007 hatte die damalige große Koalition beschlossen, dass die Subvention der Steinkohle im Jahr 2018 auslaufen soll. „Wir erwarten, dass Minister Brüderle die Überprüfung des Ausstiegstermins 2018 schon jetzt statt erst 2012 durchführt“, sagte Oliver Krischer von den Grünen. NADINE MICHEL