Mehrere Proteste gegen Atomtransporte

ENERGIE Mehrere tausend Menschen demonstrieren in Greifswald, Freiburg und Ahaus im Münsterland

GREIFSWALD taz/dapd/dpa | Laut Polizei 2.800, laut Veranstalter etwa 3.600 Demonstranten protestierten am Samstag in Greifswald gegen das Zwischenlager Nord in Lubmin. Am kommenden Dienstag soll ein Castor-Transport im französischen Cadarache starten und hochradioaktiven Atommüll – unter anderem abgebrannte Brennelemente – aus dem Atomforschungszentrum Karlsruhe und dem Atomfrachter Otto Hahn ins Zwischenlager bei Lubmin bringen. Dort wird er am Donnerstag erwartet.

Fahnen der Republik Freies Wendland und vieler weiterer Gruppen wehten bei der Auftaktkundgebung am Greifswalder Bahnhof. Jene Demoteilnehmer, die mit einem Dutzend Bussen aus Braunschweig und dem Wendland, aus dem Raum Hamburg, Berlin und Rostock angereist waren, begrüßte Daniel Daedlow vom Anti-Atom-Bündnis Nord-Ost. Aber besonderer Beifall galt den einheimischen Demonstranten aus Vorpommern, von den Inseln Rügen und Usedom. Mit 3.000 bis 4.000 Teilnehmern hatten die Veranstalter im Vorfeld gerechnet.

Bei der Auftaktkundgebung forderte der Greifswalder Bischof Hans-Jürgen Abromeit eine verantwortungsvolle Energiepolitik: „Moral und Erfolg scheinen sich auszuschließen. Das ist aber nicht wahr“, merkte er mit Verweis auf die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko und die Atomenergie an. DDR-Bürgerrechtler Johann-Georg Jaeger machte Stimmung für das windig-nassse Wetter, denn „jetzt drehen sich in Mecklenburg-Vorpommern Windräder mit 1.500 Megawatt unter Volllast“. Das bereite der Atomindustrie Kopfzerbrechen.

Das Zwischenlager Nord auf dem Gelände des stillgelegten DDR-Kernkraftwerks Greifswald war ursprünglich eingerichtet worden, um Atommüll aus den nach der Wiedervereinigung 1990 abgeschalteten und 1995 endgültig stillgelegten fünf Blöcken in Greifswald und aus einem Reaktorblock des Kraftwerks Rheinsberg in Brandenburg aufzunehmen – darunter Brennelemente und radioaktive Bauteile aus dem Rückbau der Meiler. Der Transport aus Cadarache ist der erste, mit dem Atommüll aus anderen Regionen an die Ostsee verbracht wird.

Friedliche Atomproteste gab es auch in Freiburg und im münsterländischen Ahaus, wo hunderte Atomkraftgegner am Sonntag eine Menschenkette um das Zwischenlager Ahaus gebildet hatten. Sie wollen weitere Transporte von und nach Ahaus verhindern, nachdem der umstrittene Transport von Brennelementen ins russische Majak erst einmal abgesagt ist. Zudem wolle man sich mit den Menschen in Russland solidarisch zeigen, sagte Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen. Er sprach von 700 Teilnehmern, die Polizei von 500 Demonstranten.

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) hatte vor einer Woche den Atommülltransport nach Russland gestoppt.

JAN MICHAEL IHL