Naturschützer fürchten Signalwirkung: Jäger wollen Wölfe schießen

Jäger möchten, dass in Deutschland künftig für Wölfe das Jagdrecht gilt. Nach EU-Recht dürfen die seltenen Tiere hierzulande jedoch nicht geschossen werden.

Jäger wollen ihn künftig auf die Abschussliste setzen. Bild: dpa

BERLIN taz | Das hat sich der Wolf so gedacht, dass er einfach wieder nach Deutschland einwandern kann. Aber denkste. Schließlich gelten Recht und Gesetz auch im deutschen Wald, und zwar Landes-, Bundes- und Europarecht. Welches Gesetz nun auf den Wolf anzuwenden sein soll, darüber streitet man in Sachsen.

Angefangen haben damit die Jäger. Sie wollen, dass nicht länger das Naturschutzgesetz angewendet werden soll. Sie fordern, dass im Zuge der derzeitigen Novellierung des sächsischen Jagdgesetzes der Wolf in selbiges aufgenommen wird. Abschießen dürfen sie das hierzulande seltene Tier - 50 bis 100 Wölfe sollen derzeit in Deutschland leben - allerdings nicht. Die europäische FFH-Richtlinie schützt den Wolf streng vor Bejagung. Was macht das Jagdrecht also hier für einen Sinn?

"Unterläge der Wolf dem Jagdrecht, würde er auch an Akzeptanz in der Jägerschaft gewinnen", sagt Torsten Reinwald, Sprecher des Deutschen Jagdschutzverbandes. Außerdem würden sie sich gerne aktiver daran beteiligen, den Wolf zu beobachten und zu schützen. Etwa seien die Jäger aufgrund ihrer "Präsenz in der Fläche bestens geeignet, die Wanderungs- und Fressgewohnheiten der Tiere zu beobachten". Außerdem könnten die Jäger aus dem Geld ihrer Jagdabgabe Projekte zum Wolfsschutz finanzieren. Aber nur dann, wenn sie auch qua Gesetz zuständig seien, so Reinwald. Im Dresdener Umweltministerium sieht man das ähnlich. "Die Situation des Wolfes würde sich verbessern, wenn er ins Jagdgesetz aufgenommen würde", sagt Pressereferent Falk Hofer.

Naturschützer hingegen sind aufgebracht. "Seit 2004 in Sachsen das Wolfsmanagement eingeführt wurde, werden die Jäger beteiligt", sagt dazu Markus Bathen, der Wolfsexperte des Nabu. Wollten sich die Jäger stärker als bisher einbringen: "Die Türen stehen weit offen", so Bathen. Es sei schade, dass von Sachsen das Signal ausgehe, das Zusammenleben mit dem Wolf funktioniere nicht. "Das entspricht nicht der Situation vor Ort", so Bathen.

Dass der Ärger in Sachsen aufkeimt, ist kein Wunder. In den vergangenen zehn Jahren haben sich in der Lausitz fünf Wolfsfamilien niedergelassen, die dort regelmäßig Nachwuchs bekommen. In Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen leben zwar auch Wölfe, doch konnten sich noch keine Rudel etablieren. Trotzdem ist man auf das Raubtier vorbereitet. Seit zwei Jahren arbeitet Siegfried Kenner als offizieller Wolfsberater des Landkreises Lüchow-Dannenberg in Niedersachsen. Der Vorstoß der sächsischen Jäger erschließe sich ihm nicht recht, sagt er. Den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen mache doch nur dann Sinn, "wenn damit die Bejagung vorbereitet werden soll", so Kenner. Dazu gebe es aber in Deutschland in absehbarer Zeit viel zu wenig Tiere. Schließlich reguliere sich deren Zahl selbst, weil eine Familie im Schnitt 300 Quadratkilometer Fläche benötige und die Zahl stabil zwischen zwei und zwölf Tieren verharre.

Der Wolf: Ein Störenfried?

In Gebieten, in denen der Wolf lange weg war, müssten sich die Menschen erst wieder an ihn gewöhnen, sagt Norman Stier vom Forstzoologischen Institut der TU Dresden. Nicht nur die Jäger müssten ihre Einstellung zur Natur überdenken. Nur wer sich als einziger rechtmäßiger Nutzer sehe, für den werde der Wolf zum Störenfried.

Im Mecklenburg-Vorpommern übrigens wendet man auf den Wolf seit 1999 nicht mehr das Jagdrecht, sondern das Naturschutzrecht an. Praktisch geändert habe sich dadurch nichts, heißt es aus dem Umweltministerium. Aber man wollte ein Signal setzen: Das Artenschutzrecht soll über allem stehen.

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