Effizienter Ackersprit ist nicht effizient genug

ENERGIE Die Verbio AG produziert im brandenburgischen Schwedt aus Getreide nicht nur Ethanol, sondern auch Gas und Dünger. Umweltschützern ist das immer noch zu ineffizient. Sie warnen vor Monokulturen

BERLIN taz | Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) eröffnet am Mittwoch eine Anlage zur Energieerzeugung aus Roggen, die trotz ihrer hohen Effizienz Kritiker von Agro-Kraftstoffen nicht zufrieden stellt. Das Besondere an der sogenannten Bioraffinerie der Verbio AG in Schwedt/Oder: Nachdem sie aus dem Getreide Ethanol gewonnen hat, etwa für die Autotreibstoffsorte E10, produziert sie aus dem übrig bleibenden Material Gas. Die Reste aus diesem Prozess verarbeitet sie schließlich zu Dünger für die Landwirtschaft. „So ist die Energieausbeute aus den eingesetzten Rohstoffen 40 Prozent höher als bei herkömmlichen Bioethanolanlagen“, sagte ein Firmensprecher der taz.

Auch das Klima soll profitieren: Autos, die mit Ethanol oder Gas aus Schwedt fahren, stoßen laut Verbio 81 beziehungsweise 90 Prozent weniger CO2 aus als mit Benzin betriebene Fahrzeuge. Die Klimabilanz beinhalte auch den Ausstoß, der anfällt, wenn Pestizide und Dünger für den Anbau des Roggens produziert werden.

Jedes Jahr stelle die Anlage 200.000 Tonnen Ethanol her und liefere damit 20 Prozent des Verbrauchs in Deutschland, erklärte Verbio. „Dafür benötigen wir rund 600.000 Tonnen Roggen.“ Diese gewaltigen Mengen würden aber nicht in umweltschädlichen Monokulturen angebaut. „Das verbieten die gesetzlichen Vorgaben.“

„Monokulturen sind nicht nur erlaubt, sondern auch weit verbreitet“, kontert Reinhild Benning, Agrarexpertin des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND). Die EU schreibe Subventionsempfängern lediglich vor, dass ein Bauer auf 15 Prozent seiner Fläche die Frucht wechseln muss. Die Verbio-Anlage trage zu weniger Vielfalt auf dem Acker bei. Das würde das Risiko von Krankheiten erhöhen, die Bauern setzten so mehr Pestizide ein. Außerdem bleibe das Problem, dass Agrosprit-Pflanzen den Druck erhöhten, Flächen mit einer hohen Artenvielfalt – etwa Brachen oder Wiesen – umzupflügen.

Auch der Energiefachmann des BUND, Thorben Becker, hält trotz des Verbio-Projekts an seiner Kritik an Agro-Kraftstoffen fest. „Die begrenzte Ressource Biomasse sollte nicht in die Ethanolproduktion gehen, sondern in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen“, fordert Becker. Diese Elektrizitätswerke nutzen ihre Abwärme zum Beispiel, um Wohnungen zu beheizen. Die Anlagen seien effizienter als Automotoren, die ethanolhaltigen Kraftstoff verbrennen.

JOST MAURIN