Skandal um Ökolebensmittel: Schlamperei half Biobetrügern

Im Biolebensmittel-Skandal verschwieg eine italienische Kontrollstelle ein Ermittlungsverfahren. Die Folge: Die Firma der Verdächtigen erhielt ein neues Ökozertifikat.

Schön sehen's aus, aber ob's Bio ist... Bild: ap

ROM/BERLIN taz | Der international tätige Biofälscherring profitierte offenbar nicht nur von Korruption, sondern auch von Schlamperei in der italienischen Ökokontrollstelle Suolo e Salute. Dieses Zertifizierungsunternehmen hatte Biozertifikate für die wichtigste Firma der Bande, Sunny Land, vergeben.

Vergangenen Juni wechselte Sunny Land zu der deutschen Kontrollstelle ABCert. Suolo e Salute wusste zwar nach eigenen Angaben seit Mai 2010 von den polizeilichen Ermittlungen gegen Sunny Land - aber verriet ABCert davon kein Wort. Ergebnis: Die neue Kontrollstelle bescheinigte Sunny Land nach eigener Darstellung am 3. Juni 2011, nach den Bioregeln zu arbeiten.

Am Dienstag hatte die italienische Polizei jedoch erklärt, diese und andere Firmen der Bande hätten für 220 Millionen Euro 703.000 Tonnen konventionelle Ware als teurere Bioprodukte unter anderem nach Deutschland verkauft. Dabei soll den Betrügern ein Regionaldirektor und ein freier Mitarbeiter von Suolo e Salute geholfen haben. Der imageschädigende Skandal gehört europaweit zu den größten der Biobranche, deren Landwirte besonders umweltfreundlich arbeiten.

"Es war nicht unsere Aufgabe mitzuteilen, dass Ermittlungen im Gang waren", sagte Suolo-e-Salute-Chef Augusto Mentuccia am Freitag der taz. Zudem liefen seinen Worten zufolge die Ermittlungen gegen Sunny Land noch, als die üblichen Bescheinigungen für die Übergabe an die andere Zertifizierungsstelle ausgestellt wurden. Deshalb hätten seine Mitarbeiter nichts sagen dürfen.

"Übelste Unterlassung"

Doch das sehen auch an dem Fall unbeteiligte Experten anders. "Das ist übelste Unterlassung", kritisiert zum Beispiel Bernhard Schulz, Geschäftsführer der bayerischen Kontrollstelle Ceres. Die EU-Ökoverordnung schreibe vor, dass der alte Zertifizierer den neuen über alles informiere, was für die Kontrolle wichtig sein könnte.

"Es ist natürlich eine extrem kontrollrelevante Information, dass es einen Betrugsverdacht gibt." Ohne solche konkreten Hinweise könnten Kontrolleure kaum Betrügern auf die Schliche kommen, die beispielsweise illegale Geschäfte nicht in der normalen Buchführung registrieren.

ABCert verteidigt sein Biozertifikat für Sunny Land denn auch vor allem damit, dass "Suolo e Salute eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt hat". "Die Kontrolle verlief so, dass wir das Zertifikat ausgegeben haben: Der Handel war schlüssig, die Dokumente waren alle in Ordnung", fuhr ABCert-Chef Thomas Damm fort. Fraglich sei zudem, ob Sunny Land auch nach Ausstellung des Zertifikats im Juni betrogen habe. Die Beschuldigungen der Polizei beziehen sich bisher nur auf die Jahre 2007 bis 2010.

Nach Deutschland lieferte der Fälscherring den Ermittlern zufolge 543 Tonnen, vor allem Soja. Damm erklärte, dass vier von ABCert zertifizierte Unternehmen in Deutschland insgesamt rund 200 Tonnen Getreide und Soja für Futtermittel erhalten hätten. Unklar sei aber, ob auch diese Mengen zu den Betrügereien gehören. Damm wollte nicht ausschließen, dass im Laufe der Untersuchungen noch mehr Lieferungen von Sunny Land gefunden werden.

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