Rettungsschirm soll wachsen

G 20 Europa soll sich erst mal selbst helfen – dann erst wollen die außereuropäischen Industrie- und Schwellenländer zusätzlichen Mitteln für den IWF zustimmen

„Sollen wir die Brandmauern noch höher machen? Nein“

Finanzminister Wolfgang Schäuble

VON NICOLA LIEBERT

BERLIN taz | Das Treffen der Finanzminister und Zentralbankchefs der 20 größten Industrie- und Schwellenländer (G 20) in Mexiko-Stadt ging mit einem vagen Versprechen zu Ende: Die Europäer wollen sich überlegen, den Euro-Schutzschirm zu vergrößern, wie von den anderen Teilnehmern des Treffens gefordert. „Die Staaten in der Eurozone werden die Stärke ihrer unterstützenden Strukturen im März bewerten“, lautet die Formulierung in der gemeinsamen Schlusserklärung.

Erst müssten die Europäer selbst mehr Geld in die Hand nehmen, so der Standpunkt vor allem der USA und Kanadas, aber auch von devisenschweren Schwellenländern wie China. Von zusätzlichen 500 Milliarden Euro war in Mexiko die Rede – das wäre eine Verdoppelung des permanenten Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), der im Juni den befristeten Rettungsschirm EFSF ablösen soll. Nur dann werde der Internationale Währungsfonds (IWF) zusätzliche Mittel für die Bekämpfung der Eurokrise erhalten. „Es gibt einen breiten Konsens darüber, dass der IWF kein Ersatz für das Nichtvorhandensein eines stärkeren Schutzschirms in Europa sein kann“, sagte US-Finanzminister Timothy Geithner.

Der IWF will auf seiner Frühjahrstagung im April über eine Mittelaufstockung sprechen. IWF-Chefin Christine Lagarde will den Fonds mit zusätzlichen 600 Milliarden Dollar ausstatten, um damit beispielsweise ein Übergreifen der Eurokrise auf große Volkswirtschaften wie Italien zu verhindern. Nur ein Drittel der Summe solle aus Europa kommen, der Rest aus anderen Industrie- und Schwellenländern. Dafür sollen die Mittel im Notfall auch Ländern in der ganzen Welt zur Verfügung stehen. Die USA aber haben deutlich gemacht, dass es von ihnen bis auf weiteres kein Geld für den IWF gebe.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte sich vor dem Treffen in einer Rede vor deutschen und mexikanischen Unternehmern klar gegen eine Aufstockung des Rettungsfonds ausgesprochen: „Sollen wir die Brandmauern noch höher machen?“, fragte er und fügte gleich hinzu: „Die Antwort ist ein ausdrückliches Nein.“ Die Bundesregierung setzt stattdessen weiter auf die bekannten Rosskuren: verschärfte Haushaltsdisziplin, Arbeitsmarktreformen und die Verabschiedung des Fiskalpakts inklusive der konsequenten Bestrafung von Defizitsündern. Neue Hilfszusagen könnten ja womöglich zu einem Nachlassen der Disziplin verführen.

Zu Recht wies Schäuble darauf hin, dass die Staatsverschuldung in der Eurozone viel geringer sei als etwa in den USA und Japan. Die Botschaft: Europa habe seine Hausaufgaben gemacht. In der Tat schien sich in den letzten Tagen die Lage auf den Finanzmärkten etwas entspannt zu haben. Genau deswegen sahen sich die G 20 nicht unter Handlungsdruck. Und so passierte in Mexiko erst einmal gar nichts.

Beobachter glauben jedoch, dass Schäubles Hartleibigkeit nur ein Hinhaltemanöver gewesen sei. Bei der gestrigen Bundestagsabstimmung sollte die Mehrheit für das zweite Griechenland-Hilfspaket nicht durch die Ankündigung weiterer Milliardenhilfen aufs Spiel gesetzt werden. Auf ein Aufweichen der harten Fronten deutet Schäubles Verweis auf den Beschluss der Euroländer hin, im März noch einmal die Mittelausstattung des Euro-Rettungsfonds zu überprüfen. Das lässt sich als grundsätzliche Bereitschaft werten, den Fonds gegebenenfalls aufzustocken. EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn zeigte sich jedenfalls zuversichtlich, dass die EU einer Aufstockung des Rettungsfonds zustimmen und damit den Weg für mehr IWF-Gelder freimachen werde. Ende der Woche treten die Eurostaats- und Regierungschefs zu einem Gipfel in Brüssel zusammen.