Finanzmarktaufsicht: Zockermärkte ohne Wächter

Eine Anhörung im Bundestag zeigt Kontrollbedarf bei den Finanzmärkten. Die Ansichten von Regierung und Opposition liegen weit auseinander.

Das Roulettespiel ist verbindlicher reguliert als der Finanzmarkt. Bild: dapd

BERLIN taz | Mitunter platzt auch dem wenig auf Rabatz gepolten verbraucherpolitischen Sprecher der FDP im Bundestag der Kragen. „Ich bin extrem sauer“, wettert Erik Schweickert über das Verhalten der Bundesfinanzaufsicht (Bafin) im Verbraucherausschuss. 24 Fragen seien der Behörde gestellt, keine beantwortet worden.

Beim Nachbohren wurde schnell klar, warum sich das Amt bei der Frage, ob Verbraucherrechte künftig auch von der Finanzaufsicht vertreten werden sollen, so zurückhält. Das Finanzministerium hatte die kargen Antworten vorgegeben. Dessen Gesetzentwurf zur Finanzaufsicht sieht keine grundlegende Neuordnung zugunsten der Anleger vor.

Grünen, SPD und Linker geht die Regierungslinie gegen den Strich. Die Oppositionsparteien wollen einen Finanzmarktwächter einführen. Denn die Anleger verlieren viel Geld, weil sie es in die falschen Produkte stecken oder übertriebenen Werbesprüchen der Banken und Versicherungen auf den Leim gehen.

„Da reden wir über einen dreistelligen Milliardenbetrag“, schätzt der Anlageexperte der Hamburger Verbraucherzentrale, Günter Hörmann. Insbesondere bei den langlaufenden Verträgen für private Altersvorsorge entgehen den Kunden Erträge.

Der Finanzmarktwächter soll die Anlageprodukte und das Verhalten der Anbieter im Blick behalten, Fehlentwicklungen aufdecken und für eine bessere Information der Öffentlichkeit über die Finanzprodukte sorgen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) würde diese Aufgabe übernehmen. 10 Millionen Euro im Jahr veranschlagt vzbv-Chef Gerd Billen dafür. Angesichts der Milliardenschäden, die Verbrauchern jährlich entstehen, ist dies ein bescheidener Betrag.

Kontrolle ist gut, Weisungsbefugnis ist besser

Die Sache hat jedoch einen Haken. Ein Aufpasser allein bewirkt nichts. Eine mit Hoheitsrechten ausgestattete Behörde muss die erkannten Mängel auch per Order abstellen können. Das können Verbraucherverbände nicht leisten. Spätestens an diesem Streitpunkt gehen die Auffassungen zwischen Regierung und Opposition auseinander.

Die einen wollen keine strengere Finanzaufsicht. Die Bafin soll sich also weiterhin vorrangig um funktionierende Finanzmärkte kümmern. Die anderen fordern eine aktive Rolle der Behörde beim Verbraucherschutz, so wie es in England etwa der Fall ist. Bei der Bafin reden vor allem die Anbieter der Sparprodukte mit. Kundeninteressen bleiben außen vor.

„Wir brauchen eine Verbraucherstimme, die den Markt beobachtet, Beschwerden erkennt und systematisch weitergibt“, fordert SPD-Verbraucherexpertin Kerstin Tack. Und die grüne Abgeordnete Nicole Maisch sieht sich in der Forderung nach einem Finanzmarktwächter und weitergehenden Aufgaben der Bafin bestätigt. „Unser Konzept ist mehr als reif“, sagte Maisch.

Passieren wird aber erst einmal nichts. Schwarz-Gelb hat gerade 1,5 Millionen Euro im Jahr für die Stiftung Warentest herausgerückt. Damit soll sie Finanzprodukte auf ihre Tauglichkeit hin überprüfen. Bei einigen zehntausend Anlageprodukten muss sich die Einrichtung auf wenige Anlagen beschränken.

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