USA gehen Apple und großen Verlagen an den Kragen

KARTELL Regierung ermittelt gegen Preisabsprachen für elektronische Bücher. Amazon profitiert davon

BERLIN taz | Das US-Justizministerium macht Ernst. Es führt seit Mittwoch ein Kartellverfahren gegen Apple und die zwei amerikanischen Großverlage Penguin und Macmillan, eine Tochter des Stuttgarter Holtzbrinck-Verlages. Sie sollen Preisabsprachen bei elektronischen Buchtiteln getroffen haben. „Das Resultat der Preisabsprachen war, dass die Kunden Millionen von Dollar zu viel für E-Book-Titel zahlten“, begründete Justizminister Eric Holder die Klage vor dem New Yorker Bezirksgericht. Zuvor hatten bereits drei weitere beteiligte Verlage einem Vergleich mit dem Justizministerium zugestimmt, sie geben ihre Preise wieder frei. Doch auch ihnen droht eine parallel laufende Klage der Generalstaatsanwälte von 16 Bundesstaaten, die Entschädigung für die Kunden in Höhe von 100 Millionen US-Dollar fordern.

Mit den Preisabsprachen wollten die Verlage nach Einschätzung des Ministeriums gegen die niedrigen Preise des Internethändlers Amazon vorgehen, der seit Entwicklung seines elektronischen Lesegerätes Kindle 2007 die Preise elektronischer Buchtitel bis auf 9,99 US-Dollar (7,60 Euro) drückte. Einige Verlage fühlten sich dadurch bedroht. Ab Sommer 2009 trafen sie nach Angaben des Justizministeriums einige illegale Absprachen untereinander und mit Apple, das kurz darauf das iPad und die zugehörige Buchsparte iBook auf den Markt brachte: Während der Händler akzeptierte, dass die Verlage die Preise ihrer Titel selbst festlegen, soll Apple pro verkauftem elektronischem Buch 30 Prozent Gewinnanteil erhalten haben.

„Allein das wäre schon ein gravierender Eingriff in den Wettbewerb“, sagt Thomas Hoeren, Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Münster. Doch für noch gravierender hält er eine andere Vertragsklausel, die Apple den Verlagen mutmaßlich aufdrückte: Sie sollen sich verpflichtet haben, keinen anderen Händler ihre Produkte billiger verkaufen zu lassen als Apple –wodurch auch Amazon und andere Händler die Bücher teurer anbieten oder auf die Lizenzen verzichten mussten. „Der größte Profiteur dieser Regelung war natürlich Apple“, sagt Hoeren. Apples Internet-Buchladen baute in kurzer Zeit 15 Prozent Marktanteil auf. Nach Ansicht des Justizministeriums zu Lasten der Endverbraucher: Die Preise elektronischer Bücher seien seit 2010 von 9,99 Dollar auf bis zu 14,99 Dollar gestiegen.

Die Verlage hatten moniert, unter Amazons Preisen zu leiden, wodurch auch ihre Autoren immer weniger erhalten könnten. Macmillan-Geschäftsführer John Sargent lehnte auch deshalb den Vergleich mit dem Justizministerium ab. Wirtschaftsrechtler Hoeren hält dagegen: „Die Autoren etwa von Fachpublikationen verdienen ohnehin kaum noch etwas, für sie ist eher Bekanntheit durch hohe Auflage wichtig.“ KAREN GRASS