Besetzung des griechischen Konsulates: Anarchisten besuchen Konsul

Junge Anarchisten besetzen für einige Stunden das griechische Konsulat am Wittenberglatz - aus Solidarität mit den Protesten in Griechenland. Der Konsul bittet die Polizei, nicht einzugreifen

Besetzer auf dem Balkon des griechischen Konsulates Bild: AP

Etwa 20 junge Männer und Frauen haben am Montag für rund acht Stunden das griechische Generalkonsulat am Wittenbergplatz besetzt. Sie protestierten damit gegen den Tod des 15-jährigen Alexandros Grigoropoulos durch den Schuss eines Polizisten am Samstag in Athen.

Statt der griechischen weht am Montag vom Balkon des Generalkonsulats die rot-schwarze Anarchistenflagge. Aus einem Fenster im dritten Stock des Gebäudes an der Ecke Wittenbergplatz/Bayreuther Straße hängt ein etwa fünf Meter langes weißes Transparent. "Alexandros Grigoropoulos, ermordet vom Staat" ist auf Griechisch und Deutsch zu lesen. Polizeibeamte sichern den Eingang zwischen einem Café und der griechischen Zentrale für Fremdenverkehr im Erdgeschoss. Kurz vor elf Uhr bauen Einsatzkräfte Absperrgitter vor dem Büro- und Geschäftsgebäude auf. Polizeisprecher Michael Merkle gibt gleichzeitig Entwarnung: "Wir sind nach einer Benachrichtigung um 9.40 Uhr hierhergekommen, haben aber keinen Einsatz im Gebäude, sondern sichern nur den Außenbereich." Der griechische Konsul habe die Polizei ausdrücklich gebeten, nicht einzugreifen. "Er spricht nun oben mit den Protestierenden", so Merkle. Bislang lägen keine Anhaltspunkte für Straftaten vor. Wenn die Besetzer rauskämen, würde man "nur" ihre Identität feststellen.

Kurz nach elf Uhr erscheint ein gutes Dutzend vermummter Personen an den Fenstern des Konsulats und wirft Flugblätter herunter, die über die Ereignisse vom Wochenende in Griechenland berichten. "Die Willkür und Macht der Polizei wächst wie eine Welle, wir stellen uns dagegen", ist zu lesen. Die Männer und Frauen skandieren "Alexandros - das war Mord, Widerstand an jedem Ort" sowie griechischsprachige Parolen.

"Schweinemörder" und "Vorsicht, Mörder in Uniform", übersetzt Nikos. Der 30-Jährige arbeitet seit einigen Monaten in Deutschland und beobachtet wie andere Schaulustige und Medienvertreter die Situation. "In Griechenland gibt es zu viel Polizeigewalt. Was jetzt dort auf den Straßen und hier in Berlin passiert, ist die logische Folge", meint er. Auch eine deutsche Passantin äußert Verständnis. "Ich finde das bemerkenswert", sagt sie. Wenige Meter weiter debattieren drei ältere Männer angeregt auf Griechisch. "Ich lebe seit 1948 in Deutschland, aber so etwas habe ich hier noch nicht erlebt. Mich würde interessieren, wer die da oben sind", sagt ein 71-Jähriger. Er berichtet von "uferloser Korruption" in Griechenland, ist jedoch auch besorgt um den Ruf seiner Landsleute in Berlin. "Die Randale in Griechenland, die Konsulatsbesetzung hier - wie soll das etwas ändern?" Ebenso ratlos ist die Polizei, die inzwischen mit 120 Beamten präsent ist. Keiner weiß genau, wer die Besetzer sind. Diese erscheinen nun im 45-Minuten-Takt auf dem Balkon und an den Fenstern, um ihr Anliegen durch Rufe und Flyer mitzuteilen.

Bis halb eins haben sich etwa 80 Menschen am Brunnen in der Mitte des Wittenbergplatzes versammelt. "Wir sind gekommen, um Solidarität mit den Menschen, die in Griechenland auf die Straße gehen, und mit den Besetzern hier zu demonstrieren", sagt ein junger Mann, der sich Paul nennt. Eine kleine Rangelei entwickelt sich, als Polizisten eine Frau zur Identitätsfeststellung mitnehmen, weil diese Flugblätter, wie sie auch aus dem Generalkonsulat segelten, verteilt hatte. Insgesamt bleibt die Situation jedoch ruhig.

Gegen 18 Uhr ziehen die Besetzer friedlich ab - ohne Identitätsfeststellung. "Warum? Da müssen Sie die Staatsanwaltschaft fragen", sagte der Polizeisprecher und klang ziemlich genervt. Die Staatsanwaltschaft war nicht mehr zu erreichen.

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