Kommentar Autobrände in Berlin: Angst ist nie ein linkes Argument

Die Autobrandstifter sind wieder da. Der linken Szene kann das nur schaden. Denn die Zündeleien sind totalitär und nicht anschlussfähig.

Jetzt brennen sie also wieder. Hier ein Mercedes. Da ein BMW. Dort ein Lieferwagen irgendeiner für böse gehaltenen Firma. Na super! Irgendwelche dummen Jungs fühlen sich weiß Gott wie revolutionär, indem sie im Dunkeln ein paar Autos abfackeln.

Wahrscheinlich fühlen sie sich auch noch mutig. Und wahnsinnig im Recht.

Denn leider ist es unbenommen so, dass das Autoanzünden einen Effekt hat. Auch ohne große politische Pamphlete wird schnell klar: Hier ist ein bestimmter Teil der Bevölkerung nicht gewollt. Nicht im Kiez. Nicht in der Stadt. Am liebsten überhaupt nicht.

Rund ein Dutzend Fahrzeuge wurde am Wochenende in Brand gesteckt. Der Schwerpunkt der Zündeleien lag in Friedrichshain und Kreuzberg.

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Freitagnacht ging in Friedrichshain ein Mercedes in Flammen auf. Samstagnacht schlugen unbekannte Täter konzentriert in Friedrichshain zu. Ein Feuer an einem BMW auf der Frankfurter Allee erlosch selbstständig. Kurz zuvor war ein Suzuki-Geländewagen in der Rigaer Straße vollkommen ausgebrannt. Bei einem BMW in der Mainzer Straße und einem Audi in der Gabriel-Max-Straße brannte der Motorraum aus. Ein neben dem Audi geparkter Mercedes wurde ebenfalls beschädigt. In der Simplonstraße und in der Colbestraße brannten zwei weitere BMW. (dpa)

Aber selbst diejenigen, die beim mehr als berechtigten Protest gegen die Aufwertung, gegen den Umbau der Stadt Gewalt gegen Sachen für legitim halten, müssten eigentlich erkennen, welchen Preis sie zahlen.

Sie begrenzen die freie, persönliche Entfaltung der anderen. Sie produzieren Angst. Angst aber kann niemals Ziel, nicht einmal Zwischenschritt linken Handelns sein. Denn Angst ist totalitär.

Und falls das alles nicht überzeugt, vielleicht noch ein letztes Argument: Autoanzünden ist sowas von 2009. Altbacken. Langweilig. Gähn!

Wer nach zeitgemäßen Handlungsstrukturen sucht, der sollte vielleicht mal den jungen Spaniern über die Schultern schauen, die jetzt auch in Berlin mobilmachen. Sie setzen sich stundenlang auf die Straße, sie diskutieren basisdemokratisch ihr noch zielloses Unwohlsein. Man mag sie für harmlos halten. Für luschig. Für naiv. Eins aber sind sie mit Sicherheit: anschlussfähig an die Mehrheit der Gesellschaft. Und das, obwohl sie ganz offen nach Revolution rufen.

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Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters

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