Berliner Wahlkampf: Atomkraft irritiert Grüne

Nach dem GAU kommt das Thema in den Wahlkampf. Die Grünen befürchten, dass ihnen Instrumentalisierung vorgeworfen wird. Aber verstecken wollen sie sich nicht.

Hier wird doch wohl nichts instrumentalisiert? SPD-Chef Gabriel bei Mahnwache am Montag. Bild: dpa

Die Grünen sind auf der Suche nach dem richtigen Umgang mit der atomaren Katastrophe in Japan. Fraktionschef Volker Ratzmann sprach sich am Mittwoch dafür aus, das Thema zurückhaltend zu behandeln. Auch der Parteivorsitzende Daniel Wesener sagte: "Wir müssen aufpassen, dass uns kein instrumenteller Umgang vorgeworfen wird."

Schlechtes Vorbild sind nach Berichten von Teilnehmern einer Mahnwache am Montag andere Parteien, deren Mitglieder dazu Parteifahnen mitgebracht hätten. Bei Demos, so der Tenor, seien Fahnen in Ordnung, bei Mahnwachen aber nicht.

Nachdem in Japan mehrere Atomkraftwerke nach einem Erdbeben und Tsunami stark beschädigt wurden und vermutlich Kernschmelzen in Gang sind, ist in Deutschland eine innenpolitische Debatte über die Nutzung von Atomenergie entbrannt. Mit einem Moratorium will die Bundesregierung mehrere AKWs abschalten. Wie dauerhaft das sein wird, ist unklar.

Als einzige Fraktion hatten die Grünen keine Aktuelle Stunde zu dem Thema für die Plenardebatte am heutigen Donnerstag beantragt. "Man hätte wenigstens noch eine Woche nachdenken sollen", sagt der Fraktionsgeschäftsführer Heiko Thomas. Er erklärt die Befürchtungen der Mitglieder: Die Trauer und Sorge um die Menschen vor Ort würde sich in einer Debatte abwechseln mit einer kontroversen Auseinandersetzung über den Umgang mit Atomkraft. Das sei ihnen fehl am Platz erschienen. Die Aktuelle Stunde zu dem Thema wird es trotzdem geben, mit einer Gedenkminute am Anfang.

Nicht alle sehen das mit der Zurückhaltung so eng: "Die Vorwürfe der Instrumentalisierung werden kommen, das gehört zum Wahlkampf", sagt die ehemalige Landesvorsitzende Irma Franke-Dressler. Zum Wahlkampf gehöre, dass man aktuelle Ereignisse thematisiere. "Energiepolitik und Klimaschutz sind landespolitische Themen", sagt Wesener. Die Geschehnisse sollten zwar "kein Wahlkampfthema im engeren Sinne sein, die Leute merken, wenn man etwas instrumentalisiert." Aber sich als Grüne beim Thema Atomkraft zu verstecken sei ebenso unangebracht. Etwas anders sieht es der naturschutzpolitische Sprecher Stefan Ziller: "Ich gehe davon aus, dass es zwingend Wahlkampfthema wird, weil es die Leute beschäftigt."

Dazu, ob die Grünen letztlich von der Debatte profitieren, möchte keiner etwas sagen. "Ich weigere mich, da in Wahlkampfarithmetik zu denken", sagt Ratzmann. "Es kommt darauf an, mit welchen Prioritäten die Menschen ihr Kreuz machen", sagt Franke-Dressler. "Selbst wenn es uns Stimmen kosten würde, würden wir uns weiter gegen Atomkraft einsetzen", sagt Ziller.

Einer Forsa-Umfrage zufolge haben die Bundesgrünen im Vergleich zur vergangenen Woche um 3 Prozentpunkte auf 18 Prozent zugelegt.

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