Geplante Autobahn A100: Berliner SPD überfährt die Linkspartei

Planungen für Ausbau der A100 sind auch ohne gesperrte Gelder schon weit fortgeschritten. Linke fühlt sich düpiert. Grüne und FDP sprechen von Trickserei und schäbigem Spiel.

Die Autofahrerpartei SPD schert sich nicht um Verkehrsregeln im Umgang mit ihrem Koalitionspartner Linkspartei Bild: dpa

Die Planungen für den Weiterbau der A 100 sind offenbar deutlich weiter als bislang bekannt. Das Verfahren sei so gut wie abgeschlossen, der nötige Verwaltungsbeschluss könne noch vor Jahresende folgen - "und dann kann gebaut werden", sagte Staatssekretärin Hella Dunger-Löper (SPD) nach Teilnehmerberichten am Mittwochabend im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses. Die Linkspartei, die den Bau ablehnt, fühlt sich dadurch düpiert. Sie hatte bislang geglaubt, das Verfahren aufhalten zu können, indem sie gesperrte Planungsmillionen nicht freigibt. "Ich war völlig überrascht", sagte Haushaltsexpertin und Fraktionsvize Jutta Matuschek der taz zu Dunger-Löpers Worten. Grüne und FDP sprechen von Tricks und "schäbigem Spiel".

Die Aussage der Staatssekretärin, die im Ausschuss Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) vertrat, kam umso überraschender, weil ihre Verwaltung erst jüngst in einem vom 7. September datierenden Schreiben um Freigabe von 3,15 Millionen Euro Planungsgelder gebeten hat. Dieses Geld hatte der Hauptausschuss im November 2009 auf Eis gelegt. Bei Matuschek erweckten Dunger-Löpers Worte nun den Eindruck, die Verwaltung brauche die gesperrten Millionen gar nicht mehr.

Dunger-Löper selbst sah sich am Donnerstag nicht richtig zitiert. Sie habe nicht gesagt, die Planung sei fast abgeschlossen, sondern "sehr weit fortgeschritten", sagte der Sprecher der Stadtentwicklungsverwaltung, Mathias Gille. Sie habe nicht gesagt, man brauche kein Geld mehr. Wie aber Planungen ohne gesperrte Gelder überhaupt sehr weit fortschreiten können, konnte Gille nicht erklären.

Die Frage der Finanzierung der Planungen ist entscheidend, weil sie als letzte parlamentarische Möglichkeit galt, den sogenannten Planfeststellungsbeschluss und damit die rechtliche Grundlage für den umstrittenen Weiterbau der A 100 zu verhindern. Denn liegt der Beschluss erst vor, ist nach Darstellung der Grünen nicht mehr das Land Berlin am Zuge, sondern das Bundesverkehrsministerium, das den mehr als 400 Millionen Euro teuren Weiterbau bezahlen würde.

Für Linkspartei-Landeschef Klaus Lederer ist die Entscheidung aber noch nicht gefallen. "Auch wenn da irgendwann ein Planfeststellungsbeschluss kommt, ersetzt das nicht eine politische Verständigung in der Koalition", sagte er der taz. Diesen Konsens gebe es weiterhin nicht. Unverändert gilt für ihn: "Wir werden alles dafür tun, dass in dieser Legislaturperiode keine abschließende Entscheidung über die A 100 getroffen wird."

Die Grünen erklären sich die weit fortgeschrittene Planung damit, dass Junge-Reyers Verwaltung aus einem großen Topf von Planungsmittel schlicht andere Gelder benutzt habe - laut Haushaltspolitiker Oliver Schruoffeneger sei das trickreich, aber durchaus legal.

Rot-Rot sei "ganz heftig beim Mauscheln und Tricksen erwischt worden", beschrieb es Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann in der Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses am Donnerstag. Der Linkspartei hielt er vor, daran mitgewirkt zu haben: "Sie haben dafür gesorgt, dass es so weit kommen konnte." Dass die Linke sich im April bei einem Parteitag gegen die A 100 ausgesprochen hatte, nannte er einen "Wendehalsbeschluss". Ratzmann kündigte an, die Grünen würden notfalls zum Bundesverfassungsgericht gehen, um den Bau zu verhindern.

Die FDP hätte sich zwar freuen können, dass die von ihr geforderte Autobahn nun näher rückt, ihr Fraktionschef Christoph Meyer kritisierte dennoch das Vorgehen der Koalition. Die würde die Planung nicht, wie von der FDP gefordert, offen, sondern "hintenrum finanzieren" - für Meyer "ein schäbiges Spiel mit Parlament und Öffentlichkeit".

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.