Problemviertel: Bildung soll Stadt entwickeln

Weil die Quartiersmanager in den sozialen Brennpunkten überfordert sind, rüstet der Senat mit fünf "Aktionsräumen" nach. Die Parole lautet: Mehr Bildung.

Das Zauberwort heißt Bildung Bild: AP

Bislang ging Stadtentwicklungspolitik so: Für die Besserverdienenden gab es Townhouses und Baugruppen, für die Problemfälle waren die 34 Quartiersmanager zuständig. Weil es aber immer weniger Besserverdienende und immer mehr Problemfälle gibt, rüstet der Senat nach. Ab sofort sollen die Förderprogramme Soziale Stadt, Stadtumbau Ost und Aktive Stadtzentren in fünf "Aktionsräumen plus" gebündelt werden. Das ist das Ergebnis des aktuellen "Monitorings soziale Stadtentwicklung", das die zuständige Senatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) und der Stadtsoziologe Hartmut Häußermann am heutigen Mittwoch vorstellen.

Bei den fünf Aktionsräumen handelt es sich um Kreuzberg-Nordost, Neukölln-Nord, Wedding/Moabit, Spandau-Mitte sowie Marzahn-Nord/Hellersdorf-Nord. Zwar gibt es laut Häußermann seit 2006 einen Trend zur Verbesserung der sozialen Lage in Berlin. In den fünf Aktionsräumen aber sei dieser Trend schwächer. "Dadurch wächst die Distanz zur übrigen Stadt", bilanziert Häußermann. Die möglichen Folgen seien weitere Abkoppelung und Ausgrenzung.

Dem will der Senat nun vor allem mit einem Mehr an Bildung begegnen. Das hatte die zuständige Staatssekretärin Hella Dunger-Löper bereits auf zwei Veranstaltungen der Friedrich-Ebert-Stiftung zum Thema "Aktionsräume plus" angekündigt. Die Mittel aus den verschiedenen Förderprogrammen sollen künftig weniger in städtebauliche Maßnahmen als vielmehr in Bildung investiert werden.

Allerdings findet der Umbau der Förderarchitektur nicht nur Zustimmung. "Mehr in Bildung zu investieren ist richtig", meint die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Grünen, Franziska Eichstädt-Bohlig. "Aber muss man dafür eine weitere Verwaltungsebene schaffen?" Eichstädt-Bohlig moniert außerdem, dass die Leitung der fünf neuen Gebiete an private Büros vergeben werden soll.

Kritik gab es auch in der Senatsverwaltung selbst. So beklagte der Personalrat, dass die Zusammenlegung des Referats soziale Stadt mit dem Referat Stadtumbau und dem neuen Referat Aktionsräume plus gegen den Willen der Mitarbeiter von oben durchgedrückt worden sei. Zudem wird bemängelt, dass der Begriff Aktionsräume nur "eine Worthülse" sei, weil nicht mehr Geld als bisher zur Verfügung stünde. Bislang gibt es für die 34 QM-Gebiete 15 Millionen Euro im Jahr. Mit dem gleichen Betrag muss auch die Ausweitung der Fördergebiete auf die fünf Aktionsräume finanziert werden.

In den Bezirken dagegen gibt es auch Hoffnung. "Die Einbeziehung der Bildung ist ein wichtiger Schritt", sagt Petra Patz-Drüke, die im Bezirksamt Mitte für die acht Quartiersmanagementgebiete zuständig ist. Auch im Weddinger Brunnenviertel ist die Erwartung groß. "Eine strategische Stadtentwicklung kann das Quartiersmanagement nicht leisten", sagt Eduard Heußen, der den Bildungsverbund im Quartier koordiniert. "Die Aktionsräume sind eine Gebietsstrategie, die alle Teile der Verwaltung einbezieht."

Zumindest auf dem Papier. Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) wird auf der heutigen Vorstellung der Aktionsräume nicht anwesend sein. Und auf eine Einbeziehung des Finanzsenators wurde von vornherein verzichtet. Anders im schwarz-grünen Hamburg. Dort sind in einer neu geschaffenen "Leitstelle integrierte Stadtentwicklung" alle Verwaltungen zu einer Taskforce Soziale Stadt zusammengeschlossen. Soziale Stadt als Querschnittsthema, dazu ist es noch ein weiter Weg in Berlin.

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