Militarisierung der Gesellschaft: Bundeswehr im Kreuzfeuer

Debatte um die Besuche von Soldaten an Schulen: Die Linkspartei diskutiert mit zwei Bundeswehrvertretern im Rathaus Lichtenberg.

Die Bundeswehr würde gerne bei den Schülern landen - doch nicht alle Schulen lassen sie Bild: apn

Selbst unter Beschuss gibt Jugendoffizier Christian Janke nicht nach. "Wir informieren nur, die Meinung sollen sich die Schüler selbst bilden", sagt er. Janke muss sich verteidigen - zu sehr hat die öffentliche Debatte um die verstärkten Besuche der Bundeswehr an Berliner Schulen die Gemüter erhitzt. Vertreter von Linkspartei, Bundeswehr und anderen Interessengruppen trafen sich am Montagabend im Lichtenberger Rathaus, um das Thema zu diskutieren.

Jugendoffiziere und Wehrdienstberater hatten im Rahmen der Bundeswehr-Öffentlichkeitsarbeit Veranstaltungen an Schulen durchgeführt. Sie sollen über Sicherheitspolitik und Auslandseinsätze sowie über Karrieremöglichkeiten bei der Bundeswehr informieren.

Immer wieder reagierten Schüler- und Elternvertretungen mit Protest. So demonstrierten unter anderem Schüler am Melanchton-Gymnasium in Marzahn und an der Alfred-Wegener-Oberschule in Dahlem. Eine Veranstaltung am Lichtenberger Hans-und-Hilde-Coppi-Gymnasium musste abgesagt werden.

Auch die Linkspartei, die nun zwei Soldaten aufs Podium im Lichtenberger Rathaus geladen hatte, gehört zu den Kritikern. "Wir haben festgestellt, dass wir uns in einer komplizierten Rechtslage befinden", sagte zur Einführung der Fraktionsvorsitzende Christian Petermann (Linke). So sei die Vermittlung von Informationen über die Bundeswehr an Schulen grundsätzlich zulässig, jedoch unter Einhaltung bestimmter Regeln, erklärte Sebastian Schlüsselburg, Mitglied im Landesvorstand der Linkspartei. "Die Schüler müssen sich diesen Informationen entziehen können. Das geht nur, wenn Veranstaltungen freiwillig angeboten werden", sagte Schlüsselburg. Außerdem sei es notwendig, auch militärkritische Referenten hinzuzuziehen.

Das sei jedoch selten realisierbar, meinte Bezirksstadtrat Andreas Prüfer (Linke), schon weil pazifistische Organisationen nicht das Budget dafür hätten. "Wir reden ja nicht nur über die Bundeswehr, sonder auch über Terrorismus", ergänzte Jugendoffizier Jahnke. Bei solchen Themen sei unangebracht, etwa einen Vertreter des Bundesamtes für Zivildienst hinzuzuziehen.

Kritische Referenten müssten von den Lehrern oder der Schulleitung eingeladen werden. "Meist ist das Zeitbudget in den Oberstufen gering. Die Lehrer nehmen die Angebote der Bundeswehr dankbar an", sagte Ralf Siemens von der Arbeitsstelle für Frieden und Abrüstung. "Schulen haben hinsichtlich des Neutralitätsgebotes noch kein besonders ausgeprägtes Problembewusstsein", so Schlüsselburg.

Auch die freiwillige Teilnahme wurde hart diskutiert. So habe die Leitung eines Gymnasiums bei einer Veranstaltung die Teilnahmepflicht ausgerufen, das jedoch später bestritten. Schüler hätten nach dem Verlassen des Referates mit Sanktionen rechnen müssen, berichtete Jerome Lombard von der LandesschülerInnenvertretung.

"Grundlegend gibt es kein Problem mit solchen Veranstaltungen, nur sollten die Regularien beachtet werden", meinte Bezirksstadtrat Prüfer. Die Bundeswehr will auf jeden Fall weitermachen. Zwar reagieren nicht alle Schüler positiv, sagte der Jugendoffizier. Die Mundpropaganda zwischen den Lehrern allerdings sei sehr gut.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.