Streit um den Prater: Castorf muss warten

Der Bezirk Pankow hat den Umbau des Theaterhauses an der Kastanienallee gestoppt. Der Grund: plötzlich aufgetauchte Besitzansprüche von jüdischen Erben.

Der Umbau des Prater-Theaterhauses an der Kastanienallee ist vorläufig gestoppt. Grund für den Baustopp Anfang der Woche sind Besitzansprüche von Nachfahren jüdischer Aktienbesitzer. Die von der amerikanischen Jewish Claims Conference (JCC) geäußerten Ansprüche auf das Gelände der ehemaligen Schultheiss-Brauerei erwischten den Bezirk kalt. "Die aktuelle Entwicklung war nicht abzusehen, weder von uns noch von den zuständigen Behörden", sagt die stellvertretende Pankower Bezirksbürgermeisterin Christine Keil (Linke).

Seit 2005 wird das Prater-Theater, das der Volksbühne als Ausweich- und Sommerspielstätte dient, saniert und umgebaut. Vier Millionen Euro flossen bislang in die Bauarbeiten, die Ende 2011 abgeschlossen sein sollten. Ob der Termin noch eingehalten werden kann, ist nun fraglich. "Wir arbeiten intensiv an der Lösung der Situation", sagt Keil.

Die Bezirkspolitikerin wehrt sich gegen Vorwürfe des Boulevardblatts B.Z. (Mittwochsausgabe). Die Zeitung hatte dem Bezirk die Schuld am Baustopp gegeben: Er habe vor der Sanierung das Einholen notwendiger Auskünfte verschlafen. "Die Mitarbeiter der Grundstücksverwaltung hätten zu keinem Zeitpunkt mehr tun können, als sie getan haben", betonte Keil. Der Bezirk habe sich seit 1991 regelmäßig beim zuständigen Landesamt für offene Vermögensfragen über die Rechtslage erkundigt, zuletzt 2005 vor Beginn der Bauarbeiten. Stets habe man einen Negativbescheid erhalten, der belegte, dass keine Ansprüche auf das Grundstück vorlägen.

Auf die aktuelle Entwicklung sei der Bezirk durch eigene Nachfrage im Zusammenhang mit einem anderen ungeklärten Immobilienfall gestoßen. Darstellungen, wonach der Bezirk auch das Bundesamt für offene Vermögensfragen hätte konsultieren müssen, weist Keil gegenüber der taz zurück. Es habe keinerlei Hinweis auf etwaige Ansprüche gegeben.

Komplikationen aufgrund überraschend auftauchender Altansprüche gibt es immer wieder. Ein Problem, für das Keil die komplizierten Restitutionsregelungen für Immobilien verantwortlich macht. "Es ist bedauerlich, dass es 20 Jahre nach der Wiedervereinigung und 65 Jahre nach Kriegsende immer noch keine Rechtssicherheit gibt." Im Biergarten macht man sich trotzdem keine Sorgen. "Wir haben seit 1996 einen Pachtvertrag mit dem Land Berlin und bleiben ganz entspannt", so Restaurant-Chefin Henning.

Der Prater ist Berlins ältester Biergarten. 1837 ist erstmals der Bierausschank in einer Bretterbude an der Kastanienallee 7 belegt. Anfang des 20. Jahrhunderts gehörten das Prater-Theater und der angrenzende Garten zur Schultheiss-Brauerei. Bereits seit 1946 nutzt die Volksbühne mit Unterbrechungen das Theaterhaus. Nach der Wende wurde das Theater schon einmal für 3,2 Millionen umgebaut: Nach vielen Komplikationen fand 1996 die Wiedereröffnung statt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.