Großflughafen Berlin-Brandenburg: Crash kurz nach dem Abheben

Die Forderung nach einem Baustopp für den BBI spaltet die Initiativen. Psychologe: Protest gegen Fluglärm kann noch dynamischer werden

Das kann noch heiter werden Bild: DAPD

Sie trafen sich, um sich auszutauschen und zu vernetzen - doch das erste große Treffen von Fluglärmgegnern endete mit einem Eklat. Berliner und Brandenburger Aktivisten distanzierten sich am Montag deutlich vom Bürgerverein Berlin-Brandenburg (BVBB) und dessen Forderung nach einem Baustopp für den Flughafen in Schönefeld. Dies sei völlig unrealistisch, da man ja praktisch einen Abriss verlangen müsste, sagte Marela Bone-Winkel. Sie spricht für inzwischen mehr als 30 Gruppen in Berlin, Potsdam und anliegenden Gemeinden. "Die überwiegende Mehrheit unserer Mitglieder ist nicht für einen Baustopp", stellte Bone-Winkel klar. "Wir fordern eine Flugroutendiskussion und keine Flughafendiskussion." Auch die Schutzgemeinschaft der Umlandgemeinden ist gegen einen Baustopp.

Der BVBB hatte bei einem Treffen der Flugrouten-Gegner am Freitagabend einen Baustopp für den Flughafen Berlin Brandenburg International (BBI) ins Gespräch gebracht. Stattdessen solle an einem neuen Standort gebaut werden. Dies sei die einzige Möglichkeit, wenn man Lärm über Berlin und Gemeinden im Speckgürtel vermeiden wolle. Außerdem könnten sich alle Betroffenen darauf verständigen.

"Der Baustopp ist der gemeinsame Nenner", sagte BVBB-Vorsitzende Astrid Bothe. Offenbar ein Wunschdenken: Bone-Winkel konterte, ihre Mitstreiter und sie fühlten sich von dem Verein überrumpelt. Keineswegs teilten sie sich einen Nenner. "Da werden Parolen und Plattitüden ausgegeben, hinter denen wir nicht stehen."

Am Montagabend sollten erneut Hunderte in Lichtenrade und Zehlendorf gegen die geplanten Routen demonstrieren. Seit Anfang September bekannt wurde, dass die Flugzeuge vom BBI so abfliegen sollen, dass sie auch über dem Berliner Süden Lärm verursachen, gehen potenziell Betroffene auf die Straßen. Sie fühlen sich verschaukelt, weil sie erst jetzt von dem zu erwartenden Fluglärm erfahren haben. Und sie wollen, dass die Routen geändert werden. Möglichst wenig Menschen sollten belastet werden, heißt es von den Bürgergruppen allgemein. Realistisch bedeutet jede Entlastung von Gebieten mehr Belastung für andere. Insofern ist ohnehin fraglich, wie stark die Bande zwischen den lokalen Initiativen sind.

Wie sich die offen geäußerte Spaltung auswirkt, bleibt abzuwarten. Bone-Winkel kündigte eine Informationsveranstaltung für den 5. November an. Der BVBB will einige Tage vorher zu einem runden Tisch laden; wer dort sitzen werde, wollte Sprecher Kristian-Peter Stange nicht sagen. Sie hätten ausreichend Kräfte, die sie um sich sammelten, sagte er der taz lediglich.

Grundsätzlich geht es den Aktivisten darum, vor der Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2011 möglichst viel öffentlichen Druck zu erzeugen. Innerhalb weniger Wochen haben sie erreicht, dass sich die Landeschefs von Brandenburg und Berlin mit dem Thema befassen - dabei werden die Flugrouten von der Deutschen Flugsicherung festgelegt und nicht von Politikern. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) dringt auf eine schnelle Entscheidung; je früher die Routen bekannt sind, desto eher können sie aus dem Wahlkampf herausgehalten werden.

"Der Protest kann große Dynamik entfalten", warnt unterdessen der Psychologe Peter Walschburger von der Freien Universität. "Jetzt bricht in die Quasiidylle im Südwesten eine Bedrohung ein." Durch die hohe Aufmerksamkeit der Medien würden immer mehr Menschen für das Thema sensibilisiert. Je intensiver diskutiert werde, desto mehr verenge sich der Blickwinkel, erklärte Walschburger: "Man vergisst, dass die Belastungen durch die innerstädtischen Flughäfen Tegel und Tempelhof deutlich größer waren."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.