Bauen am Spreeufer: Die Guten verdrängen die Guten

Die Strandbar Kiki Blofeld fürchtet um ihre Existenz. Das Areal gehört bald einer Baugruppe. Die sucht kreative Ufernutzer. Eine kommerzielle Bar soll es nicht mehr geben.

Auch wenn es weiterhin einen Blick auf die Spree geben soll - ein Gebäude mehr ist ein Gebäude mehr. Bild: dapd, Jens Schlueter

Der Winter ist eiskalt. Und der Sommer wird auch nicht mehr das, was er mal war. Denn am Spreeufer in Mitte wird eine weitere Strandbar fehlen. Das Gelände des Kiki Blofeld am Spreeufer hinter der Köpenicker Straße bekommt zum Jahreswechsel einen neuen Eigentümer. Der plant zwar neben der Bebauung einen öffentlich zugänglichen Uferstreifen, die jetzige Nutzung durch die Strandbar aber werde in der bekannten Form enden, teilte der künftige Besitzer am Montag mit.

Das Kiki Blofeld ist die letzte der einst zahlreichen Berliner Strandbars, die man widerspruchslos als szenetauglich bezeichnen darf. Sie liegt auf dem Grundstück Köpenicker Straße 48/49, versteckt zwischen einer Fabrikruine, dem Deutschen Architekturzentrum und der Spree. Für 1 Euro Eintritt konnte man hier im Sommer die Füße über dem Wasser baumeln lassen. Direkt gegenüber befand sich bis zum Sommer die stilbildende Bar 25, die Westernbar daneben ist schon länger weg. "Blofeld"-Betreiber Gerke Freyschmidt hat das Gelände 2004 von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) gemietet. Er hat einen Vertrag mit der üblichen dreimonatigen Kündigungsfrist, sagt Gabriela Ostermann, zuständige Abteilungsleiterin bei der Bima, die seit Jahren versucht, das Grundstück zu verkaufen. "Es wäre absoluter Luxus, das Areal nicht zu bebauen", erklärt Ostermann. Diesen Luxus könne man wollen. "Dann muss aber ein Berliner Senat das selbst kaufen", sagt Ostermann, ansonsten agiere die Bundesrepublik wie jeder andere Eigentümer auch.

Nun bekommt eine Baugruppe das Gelände - samt dem Mieter. Die Gruppe habe seit Anfang 2009 eine Kaufoption, die zum Jahresende eingelöst werde, sagt Christian Schöningh, Architekt des Büros "Die Zusammenarbeiter". Dieses hat bereits mehrere solcher bewohnerorientierten Projekte durchgeführt, zuletzt etwa an der Lohmühlenstraße in Treptow. Zudem stehen das Kulturprojekt auf dem ehemaligen Rotaprint-Gelände im Wedding sowie das selbst verwaltete Studentendorf Schlachtensee auf seiner Referenzliste.

Auch am Spreeufer präsentiert sich Schöningh nicht als gewöhnlicher Investor. Neben den künftigen Eigentümern sollen auch Mieter Platz finden. Teile des Projekts sollen über Erbbaurecht vergeben werden, was in der wohnungspolitischen Debatten als zukunftsweisend gilt. Zudem orientiert man sich an den Vorgaben des Mediaspree-Bürgerentscheids. Dabei hatten rund 87 Prozent der Wähler im Nachbarbezirk Friedrichshain-Kreuzberg dafür plädiert, die Flussufer auf einer Breite von 50 Metern nicht zu bebauen. Für das Grundstück in Mitte werde man das "interpretieren", verspricht Schöningh. Auf jeden Fall soll es einen öffentlich Uferweg geben. Darauf habe man sich mit den Eignern von zwei Nachbargrundstücken verständigt, sagt Schöningh - obwohl der rechtsgültige Bebauungsplan noch fehle.

Für die öffentliche Nutzung des Strands und des Boothauses sucht Schöningh noch nach einem Konzept. Am Montag hat er eigens einen Ideenwettbewerb ausgeschrieben. "Wir schicken das an den Prinzessinnengarten oder ans Yaam", sagt der Architekt. Auch Gerke Freyschmidt sei ausdrücklich eingeladen. Eins aber ist klar. "Wir wollen mehr als eine Bar, die Eintritt nimmt und bloß Becks verkauft", sagt Schöningh.

Strandbar-Betreiber Freyschmidt lehnt dankend ab: "Das ist doch nicht mehr das, was es mal war." Das Kiki Blofeld sei ein einmaliger Ort mit jährlich 100.000 Besuchern aus aller Welt. "Wo sollen die denn hin, wenn da künftig 36 Leute wohnen?", fragt Freyschmidt. Vor allem aber ärgert ihn, dass "Späthippies mit reichen Eltern" ihm nicht mal eine Abschiedssaison für seine Bar gönnen wollten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.