Hochwässerchen in der Berlin: Frisches Wasser für die Spree

Erstmals seit Jahrzehnten hat die Spree Hochwasser, eine Talsperre und der Spreewald sollen ein Großteil des Wassers zwischenlagern. Berlin ist darum wohl nicht gefährdet.

In Berlin kommt das Wasser auch weiterhin eher von oben, als aus dem Fluss: Die Spree am Reichstag Bild: dpa

Die aus Sachsen anrollende Flutwelle erreicht über Oder, Neiße und Spree Brandenburg. Noch am Montagabend wollte die Landesregierung in Potsdam Katastrophenalarm auslösen - sobald die Pegel der höchsten Alarmstufe IV erreicht sind. "Wir halten die Situation für angespannt, aber beherrschbar", sagte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) am Montag bei einem Besuch im Lausitzer Krisengebiet. Trotzdem sei aber nicht mit größeren Schäden und Evakuierungen zu rechnen, meinte der Regierungschef. Damit dürfte die Mark - anders als Sachsen - glimpflich davonkommen. Auch in Berlin, wo das Hochwasser am Donnerstag erwartet wird, werde es wohl nicht so schlimm werden, sagte eine Sprecherin der Senatsumweltverwaltung.

Allerdings rechnen die Behörden damit, dass entlang der Spree und Neiße Felder und Gärten überschwemmt werden, erklärte Matthias Freude, Chef des Landesumweltamts. So viel Wasser wie aktuell habe die Neiße zuletzt 1981 gehabt. "Richtig knallig" sei der Anstieg der Neiße im Landkreis Lausitz, sagte Wolfgang Genehr vom Hochwassermeldezentrum Cottbus. Bereits am Montagmittag wurde dort die höchste Alarmstufe ausgerufen.

Die märkische Umweltministerin Anita Tack (Linke) forderte den Bund auf, sich der Hochwasservorsorge als gesamtdeutsche Aufgabe anzunehmen. Zudem müsse die Kommunikation der Behörden beiderseits der deutschen Ostgrenze verbessert werden. Ministerpräsident Matthias Platzeck fügte hinzu, Hochwasser seien längst keine seltenen Ereignisse mehr. Erst im Mai hatten Brandenburgs Katastrophenhelfer mit einem starken Hochwasser an der Oder zu kämpfen.

Für die Umweltorganisation BUND hat das Hochwasser in Brandenburg und Sachsen auch mit dem Mangel an Ausweichraum für überbordende Flüsse zu tun. Trotz der Erfahrungen des Oder- Hochwassers von 1997 und der Jahrhundertflut an der Elbe 2002 würden noch immer Gebäude und Verkehrswege in potenzielle Überflutungsgebiete hinein gebaut, erklärte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) am Montag.

Bodenversiegelung, ein ungeeigneter Schutz von Wald, Wiesen und Mooren sowie die Einengung der Flüsse und Nebenflüsse durch Bauten verhinderten die Zwischenspeicherung und Rückhaltung überschüssiger Wassermassen. Der Druck der Bau- und Agrarlobby erschwere einen ökologischen Hochwasserschutz. (dpa)

Zunächst hatten die Experten im Hochwassermeldezentrum dies für den Abend erwartet. Kurz nach 13 Uhr wurde jedoch am Pegel Klein Bademeusel (Spree-Neiße) ein Wasserstand von 4,74 Meter gemessen. Damit war die Neiße in diesem Bereich seit Mitternacht um mehr als 1,90 Meter gestiegen. "Wir wissen nicht, ob die Deiche das aushalten oder ob es überströmt", so Genehr. Freude vom Landesumweltamt ergänzt: Zwar sei seit dem Hochwasser von 1981 in den Deichbau investiert worden. "Aber die Deiche sind alt", sagte Freude, man wisse nicht, wie lange sie halten. "Ich hoffe aber, das Wasser ist in zwei Tagen durch."

Gelassener sieht man die Lage im Hochwassermeldezentrum Frankfurt (Oder). Zwar werde ein etwas höherer Pegelstand erwartet, sobald die Flutwelle der Neiße am Dienstagmorgen bei Ratzdorf die Oder erreicht, erklärte Eberhard Schmidt. Aber das Hochwasser werde durch das breitere Flusbett besser verteilt. Auch die Nebenflüsse der Oder würden einiges abfedern.

Die Spree allerdings bereitet Freude vom Landesumweltamt "große Sorge". Die Talsperre Bautzen in Sachsen sei bereits übergelaufen. Nun versuche man, in der Talsperre Spremberg südlich des Spreewalds das Wasser zwei bis drei Tage "zwischenzulagern". Denn glücklicherweise sei diese zurzeit relativ leer, weil sie saniert wird.

Mit Hochdruck seien die Mitarbeiter dabei, die Baustelle am Auslauf der Talsperre zu räumen, so Freude. Dann kann sie erst mal große Teile des Hochwassers aufnehmen. "Oben kommen 80 Kubikmeter Wasser pro Sekunde in die Talsperre und unten lassen wir dann zehn Kubikmeter pro Sekunde wieder ab", erklärt er. Anschließend werde das Wasser in landwirtschaftliche Flächen sowie in den Spreewald geleitet, so Freude. Letzterer sauge das Wasser auf wie ein Schwamm und wirke wie eine natürliche Talsperre. Bei den landwirtschaftlichen Flächen sei die Überflutung der Felder einkalkuliert.

Wenn die Hochwasserwelle dann am Donnerstag in Berlin anrollt, sollen aber keine Sandsäcke am Landwehrkanal ausgelegt werden, sagte Regina Kneiding, Sprecherin der Umweltsenatorin. Noch wisse man zwar nicht genau, wie viel Wasser die Talsperre Spremberg aufnehmen wird, aber auch Dahme, Müggelsee und die vielen Kanäle in Berlin würden zur Entlastung der Spree beitragen. Trotzdem werde regelmäßig an 59 Messstellen in Berlin der Pegelstand nachgemessen. Und bei einer Erhöhung des Pegelstands könne man den "partiell regulieren" - durch das Öffnen einzelner Schleusen in der Stadt. Sechsmal mehr Wasser als normal, vermutet das Landesumweltamt, wird die Spree in den nächsten Tagen führen.

MINISTERPRÄSIDENT PLATZECK

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