Prostitution an der Potsdamer Straße: Geile Männer ins Internet

Der Bezirk Tempelhof-Schöneberg prüft auf Initiative einer SPD-Politikerin, Bilder und Autokennzeichen von Freiern ins Internet zu stellen. Datenschützer ist irritiert.

Beine dürfen gezeigt werden, Freier bis jetzt nicht. Bild: AP

Fotos oder Autokennzeichen von Freiern, die Prostituierte auf der Kurfürstenstraße aufsuchen, könnten künftig im Internet veröffentlicht werden. Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg soll prüfen, ob ein solches Vorgehen rechtlich möglich ist. Das hat die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am Mittwochabend mit den Stimmen von CDU und SPD beschlossen. Berlins Datenschutzbeauftragter Alexander Dix kündigte eine Prüfung an. Die Sozialstadträtin des Bezirks, Sibyll Klotz (Grüne), bezeichnete den Vorstoß als "absoluten Blödsinn".

Die Bezirkspolitiker diskutieren seit Monaten über den Straßenstrich rund um die Kurfürstenstraße. Mitte Mai hatte die CDU eine "Antifreierkampagne" mit Plakaten und Aufklebern beantragt. Das wurde am Mittwoch im Bezirksparlament genauso einstimmig beschlossen wie eine Ausstellung zum Thema und die Bitte an die Polizei, rund um den Straßenstrich verstärkt Alkoholkontrollen vorzunehmen. Der zusätzliche Vorschlag, die Freier im Internet anzuprangern, blieb jedoch umstritten.

Die Idee stammt von der SPD-Verordneten Margit Zauner. Die hat eigentlich gar nichts gegen Prostitution. "Ich bin sogar für Bordelle in Mischgebieten, das ist ein ganz normales Gewerbe", sagte Zauner der taz. Die Zustände an der Kurfürstenstraße aber seien unerträglich: "Anwohner klagen über Sex auf Balkonen und in Hauseingängen. Und dass Kinder belästigt werden." Von Verboten hält die SPD-Politikerin nichts. "Es ist nicht schlimm, dass es passiert, sondern, wie." Die Freier sollten sich so benehmen, wie sie es zu Hause auch täten, wünscht Zauner. "Wir müssen die Käufer in den Fokus stellen."

Ihr ist durchaus bewusst, dass die Initiative eine Provokation darstellt. "Aber man muss Dinge auch mal stärker zuspitzen, damit die Diskussion überhaupt geführt wird", meint die Sozialdemokratin, die sich seit vielen Jahren im Bereich Frauenpolitik engagiert. Bisher sei zudem nur beschlossen, die Idee rechtlich zu prüfen, betont Zauner. "Wenn jetzt jemand sagt, das geht nicht, ist das in Ordnung. Aber er sollte dann auch eine Alternative nennen." Sie selbst habe derzeit keine bessere Idee. Auch, weil sie als Frau da im Dunkeln tappe: "Ich weiß nicht, was die Männer antreibt."

Ausgesprochen irritiert ist Berlins Landesbeauftragter für Datenschutz. "Wir sind erstaunt über diesen Vorschlag", sagte seine Sprecherin Anja-Maria Gardein. Der Datenschützer werde sich natürlich einschalten, falls das Bezirksamt nicht von sich aus auf ihn zukomme.

Mit Kopfschütteln reagieren auch die Grünen im Bezirksparlament. Anfangs habe er den Vorschlag für einen Scherz gehalten, sagte Ulrich Hauschild, Mitglied im Fraktionsvorstand der Grünen. "Die nächste Stufe wäre, das Auspeitschen von Ladendieben zu beantragen." Sozialstadträtin Klotz hat den Eindruck, "SPD und CDU wollen den Bürger signalisieren, wir tun was, wissen aber genau, dass das nicht umsetzbar ist". Tatsächlich sei das Problem mit so plakativen Aktionen überhaupt nicht in den Griff zu bekommen. Nicht umsonst gebe es seit Jahrzenten runde Tische und ressortübergreifende Arbeitsgruppen, die das Ziel haben, die Belastungen der Anwohner durch die Prostitution nicht zu groß werden zu lassen. "Das sind die Mühen der Ebene."

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