Joachim Gauck und andere Grillfreunde im Tiergarten: Grillen auf Bewährung

Politiker in Mitte denken über ein dauerhaftes Grillverbot im Tiergarten nach - wenn die Bürger auch weiterhin ihren Abfall nicht mitnehmen. Ein Promi grillt trotzdem.

Viel Rauch und vor allem viel Müll - daher würden einige das Grillen im Tiergarten lieber ganz untersagen. Bild: ap, Thomas Kienzle

Joachim Gauck hat gegen das Grillverbot im Tiergarten verstoßen. An einem sonnigen Tag im Juli hat er sich für ein Foto-Shooting auf die Wiese vor das Schloss Bellevue gesetzt und Zeitung gelesen, neben sich einen dreibeinigen, brutzelnden Grill. Die Zeitung ist eine FAZ, sie stammt vom 5. Juli. "Dahinter steckt immer ein kluger Kopf", so der Slogan der Kampagne. Gezeichnet: Joachim Gauck, Bürger.

Dumm nur, dass das Grillen im Tiergarten seit Ende Juni untersagt ist - zunächst wegen der Fanmeile zur Fußball-WM, später aufgrund der Waldbrandgefahr. Das Verbot gilt bis 13. August. "Aber wenn es nicht regnet, müssen wir es verlängern", sagt Stephan von Dassel (Grüne), Stadtrat für Bürgerdienste in Mitte, gegenüber der taz. Selbst ein dauerhaftes Verbot will er mittelfristig nicht mehr ausschließen. Zwar beschwichtigt er: "Die derzeitige Regelung ist kein schleichender Einstieg in ein komplettes Grillverbot." Sobald die Waldbrandgefahr vorbei ist, will er das Grillen für drei weitere Monate erlauben. Aber nur "auf Bewährung", wie er sagt. "Wenn die Leute dann zur Besinnung kommen und ihren Müll mitnehmen oder in die Eimer werfen, ist es gut. Wenn nicht, muss man über ein generelles Verbot nachdenken."

Die Verunreinigung des Parks ist im Bezirk schon lange ein Streitpunkt. Die Kosten der Müllbeseitigung liegen - Personal eingerechnet - laut Carsten Spallek (CDU), Stadtrat für das Ordnungsamt, derzeit bei 250.000 Euro pro Jahr. "Das ist vor dem Hintergrund, dass sich Mitte in einer Haushaltsnotlage befindet, nicht vertretbar", findet Spallek. Er schätzt, dass mit einem kompletten Grillverbot jährlich rund 150.000 Euro eingespart werden könnten.

Anders als Joachim Gauck halten sich die meisten Bürger an das derzeitige Verbot: Auf dem zirka 30 Hektar großen Grillgebiet zwischen der Straße des 17. Juni und der John-Foster-Dulles-Allee tummeln sich an warmen Sommertagen normalerweise ganze Familien. Zurzeit halten sich nur wenige auf den Wiesen auf - als ob mit dem Grillen auch das Picknicken und Ballspielen untersagt wäre. Die Müllcontainer und Ascheeimer sind leer. Am vergangenen Wochenende hätten seine Mitarbeiter nur 13 mündliche Verwarnungen aussprechen müssen, erzählt Spallek. Ein Vater, der ein Lagerfeuer machen wollte, bekam ein Bußgeldbescheid über 250 Euro. "Das Grillverbot hat sich rumgesprochen und wird weitgehend befolgt", so der Stadtrat.

Eines muss man Joachim Gauck lassen: Er scheint ein ordentlicher Griller zu sein. Auf dem Foto ist keinerlei Müll zu sehen. Gauck bleibt nun wohl ungeschoren. "Hätten wir das mitgekriegt, wir hätten ihn höflich auf das Verbot aufmerksam gemacht. Aber Herr Gauck ist unentdeckt entkommen", sagt von Dassel. Auch der für Ordnungswidrigkeiten zuständige Spallek will Gauck nicht weiter behelligen. Im nachhinein könne man schlecht beweisen, dass es sein Grill war, der da brannte, sagt er. "Man kann Gauck schließlich nicht vorwerfen, dass er FAZ liest, auch nicht neben einem lodernden Grill."

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