Hartz IV und kein Ende: In den Jobcentern droht das Chaos

Noch immer ist offen, welche Mitarbeiter ab 2011 in welchen Räumen mit welcher Software die Arbeitslosen betreuen. Der Senat hofft, dass Bezirke und Arbeitsagentur weiter zusammenarbeiten dürfen.

Falls es keine schnelle Einigung bei der Jobcenter-Reform gibt, droht Chaos bei den Leistungen für Langzeitarbeitslose. "Das bringt erhebliche organisatorische Schwierigkeiten mit sich", sagte Friedrichshain-Kreuzbergs Sozialstadtrat Knut Mildner-Spindler (Linke) am Donnerstag im Abgeordnetenhaus bei einer Anhörung des Sozialausschusses. Das Gleiche befürchten die Sozialsenatorin Carola Bluhm (Linke) und die Direktorin der Agenur für Arbeit Berlin-Mitte, Ramona Schröder.

Das Bundesverfassungsgericht hatte 2007 geurteilt, dass es für die Zusammenarbeit zwischen Kommunen und Bund in den Jobcentern keine Grundlage im Grundgesetz gibt. Die Jobcenter hatte die rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder mit den Hartz-Gesetzen eingeführt. Die Richter gaben der Politik bis Ende 2010 Zeit, um eine neue Lösung zu finden. Nach einigem Hin und Her spricht derzeit viel für eine Änderung des Grundgesetzes, um die Jobcenter auf eine verfassungsgemäße Grundlage zu stellen. Die Verhandlungen laufen noch.

Die Jobcenter bereiten sich jedenfalls darauf vor, dass es keine Mehrheit für eine Grundgesetzänderung gibt - dann würden sich zwei Behörden parallel um die Langzeitarbeitslosen kümmern. Der Bund würde den Regelsatz bezahlen - derzeit 359 Euro für einen alleinstehenden Erwachsenen -, die Kommune die Miete. Zwei Mitarbeiter müssten getrennt prüfen, ob die Voraussetzungen vorliegen und wie viel Geld es gibt.

Das muss allerdings vorbereitet werden. "Das Zeitmaß wird immer enger", sagte Agenturchefin Schröder. Sie forderte, es müsse eine schnelle politische Einigung auf Bundesebene geben, "sodass man wenigstens die Eckpfeiler erkennen kann, an denen wir uns orientieren können". Ursprünglich habe man damit gerechnet, mindestens 12 Monate zur Vorbereitung zu haben. "Inzwischen gehen wir im schlimmsten Fall schon von nur noch vier Monaten aus."

Laut Mildner-Spindler müsste in dieser kurzen Zeit sehr viel organisiert werden. So arbeiten derzeit 160 Bezirksmitarbeiter im Jobcenter Kreuzberg. Bei einer Trennung würden aber nur 60 bis 70 benötigt. Es müsste geklärt werden, was mit den restlichen Mitarbeitern passiert, ob sie etwa von der Bundesagentur übernommen werden.

Ungeklärt sei auch, wie Bezirk und Arbeitsagentur die Informationen über Langzeitarbeitslose austauschen, wie Fortbildungen oder 1-Euro-Jobs koordiniert werden, mit welcher Software gearbeitet wird und ob der Bezirk neue Räume anmieten muss. "Die pragmatischste Lösung wäre eine Änderung des Grundgesetzes", um die bisherige Organisation zu erhalten, sagte Mildner-Spindler. Dies würden die anderen Bezirke ebenso sehen. Auch der Senat und die Grünen wollen die Verfassung ändern - das sei "die beste Lösung", sagte Bluhm.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Ramona Pop kritisierte, es sei "absolut unterirdisch, dass immer noch keine Entscheidung da ist". Der Bund habe sich damit nach dem Urteil des Verfassungsgerichtes zu viel Zeit gelassen. Derzeit sei man "immer noch auf dem gleichen Stand wie Anfang 2008".

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