Kunsthaus Tacheles: Künstler wehren Anbaggerei ab

Anwaltskanzlei schließt weitere Verhandlungen mit letzten Tacheles-Nutzern über deren Auszug nicht aus. Künstler wollen bleiben und kündigen ein "Tacheles 21" an

Bagger fuhren in dieser Woche bei der Räumung des Tacheles-Hofes auf. Bild: DPA

Das Erdgeschoss und den Hinterhof haben die schwarz gekleideten Sicherheitsleute schon in der Hand. Die verbliebenen 80 Künstler in den oberen Etagen des Tacheles wollen dagegen nach dem Auszug der Gastro-Fraktion am Dienstag die Stellung halten. Tacheles-Vorstand Martin Reiter gibt sich optimistisch: "Wir sind auch in Jahren noch hier."

Dabei ist die Zukunft der verbliebenen Künstler mehr als offen. Vorläufig seien seine Verhandlungen abgeschlossen, sagte Rechtsanwalt Michael Schultz am Donnerstag. "Es ist aber nicht auszuschließen, dass wir noch mal aktiv werden." Schultz Kanzlei hatte mit den Gastronomie-Nutzern die freiwillige Räumung für eine Abfindung von 1 Million Euro ausgehandelt (taz berichtete). Davon soll allein der frühere Chef des Café Zapata, Ludwig Eben, 500.000 Euro erhalten haben. Mit den verbliebenen Tacheles-Künstlern gebe es keine Gespräche, so Schultz - zumindest "im Moment nicht".

Reiter weist mögliche Offerten schon im Vorhinein zurück. "Die können sich ihr dreckiges Geld sparen." Zuletzt habe man 2008 von der HSH ein "Gespräch zur Bestechung" abgelehnt, so der Tacheles-Vorstand. "Seitdem ist nichts mehr gekommen." Einmal mehr appellierte er an den Senat, sich endlich fürs Tacheles einsetzen.

Von dort allerdings bleibt Unterstützung für die Künstler aus. Man wolle das Tacheles als Kunstort erhalten, heißt es stets von Kultursprecher Torsten Wöhlert. Mit welchen Nutzern, das lässt er offen. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) verwies kürzlich auf die Ateliers und Bühnen in der Kunstruine. Es sei denkbar, diese künftig über das landeseigene Förderprogramm zu nutzen. Zuerst müsse aber mit dem neuen Eigentümer gesprochen werden, so Wowereit. Wöhlert weist allerdings darauf hin, dass die Förderung des Tacheles vor Jahren eingestellt wurde. "Unsere Förderinstrumente richten sich nach der künstlerischen Qualität", so der Sprecher vielsagend.

Reiter widerspricht auch hier: "Wir sind die künstlerische Avantgarde der Stadt." Eine baldige Räumung fürchtet er nicht. Laut Tacheles-Künstlern existieren immer noch ein gutes Dutzend Mietverträge mit dem inzwischen insolventen, hauseigenen Tacheles e. V. "Die alle erfolgreich anzufechten dürfte einige Jahre dauern", so Reiter.

Seit August 2009 läuft ein offizielles Räumungsverfahren gegen die Nutzer. Bis Dienstag scheiterten alle Räumungsversuche allerdings an den undurchsichtigen Mietverhältnissen. Das 1990 besetzte und später legalisierte Tacheles erhielt 1998 von einer Fundus-Immobilientochter symbolische Mietverträge von 1 Mark. Nach der Insolvenz der GmbH ließ die Zwangsverwalterin, die HSH Nordbank, die Verträge Ende 2008 auslaufen und strebte eine Zwangsversteigerung an.

Rechtsanwalt Schultz hält die Mietverträge der Künstler für ungültig und vorgeschoben. Deren Besitz- und Nutzungsrechte an dem Gebäude seien seit der Nichtverlängerung erloschen.

Tacheles-Vorstand Reiter kündigt für den Fall einer Räumung an, alle Protestformen auszuschöpfen. "Wir haben unsere Drohung des Hungerstreiks nie zurückgenommen." Auch werde man Künstler aus aller Welt einladen, um das Haus als offenen Kunstort zu erhalten. "Das könnte hier zum Tacheles 21 werden", so Reiter.

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