FILMSTADT POTSDAM: Kulturelle Zwangsehe

Das Filmmuseum soll mit der Filmhochschule Konrad Wolf fusionieren. Museumsleute und Filmschaffende sehen dadurch seine Unabhängigkeit gefährdet.

Das hatte sich Sabine Kunst (parteilos), neue Kulturministerin von Brandenburg, sicher anders vorgestellt. Mit Glamour, Filmreihen und Ausstellungen sollten in diesem Jahr die "Filmstadt Potsdam" und der hundertste Geburtstag der Studios in Babelsberg gefeiert werden. Doch außer dem Jubiläum gibt es viel Ärger für Kunst am Medienstandort Potsdam-Babelsberg. Weil das Kultusministerium zum 1. Juli 2011 plant, das renommierte Potsdamer Filmmuseum samt Kino und den cineastischen Beständen mit der Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf (HFF) zu fusionieren, gehen die Mitarbeiter des Museums und Filmschaffende der Region auf die Barrikaden.

Im Unterschied zur Kulturministerin und der HFF, die die Integration befürworten, fürchten die Fusionsgegner das Ende der eigenständigen Institution im Marstall. "Wir haben die Sorge", betont der Regisseur Günter Reisch, dass das Filmmuseum "als Teil der Filmhochschule" seine Arbeit nicht mehr in "vollem Umfang" fortsetzen könne. Unter einem gemeinsamen Dach wäre seine "Existenz als Ganzes infrage gestellt".

Die HFF als Ausbildungsort für die Film- und Medienberufe einerseits sowie das Kinomuseum samt historischem Ufa- und Defa-Archiv andererseits verfolgten "deutliche, unterscheidbare Aufgabenstellungen". Das Filmmuseum müsse auch "in den kommenden Jahren souverän bleiben" und zudem finanziell und personell abgesichert werden, so der frühere Defa-Regisseur in einem offenen Brief an Kunst und Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD). Der Brief liegt der taz vor.

Bereits 2010 hatte die Landesregierung in Potsdam die Integration des 30 Jahre alten Filmmuseums in die HFF ins Auge gefasst, wollte diese aber nicht umsetzen. Weil das Haus aber immer weiter ins Minus rutscht und die Brandenburger Haushaltslage die Finanzierung des Museums und seiner 28 Mitarbeiter schwieriger macht, soll die Fusion nach Ansicht der Kulturverwaltung nun 2011 über die Bühne gehen. Erst bei der letzten großen Ausstellung über das Oeuvre des polnischen Regisseurs Roman Polanski hatte das Ministerium die nötigen Mittel von 45.000 Euro nur nach langem Gezänk freigegeben.

Nach Ansicht von Sabine Kunst werde die "Integration zu einer langfristigen, personellen, finanziellen und strukturellen Stabilisierung des Filmmuseums" führen. Außerdem brächte die Museums-HFF-Ehe "wichtige Synergieeffekte für den Filmstandort". Wie schon in der Vergangenheit bei gemeinsamen Projekten könne zukünftig die HFF noch besser "in Forschung und Lehre weiter vom FMP profitieren". Das Filmmuseum wiederum erhalte die Chance, "sich als Forschungsmuseum stärker zu einem Forum für Filmkunst und Wissenschaft zu entwickeln", wie Hans-Georg Moek, Sprecher im Kulturministerium, erklärte. Von einem Verlust der Unabhängigkeit könne keine Rede sein, die Integration stelle "die beste Möglichkeit für den Erhalt des Filmmuseums Potsdam dar".

Der Personalrat des Filmmuseums bleibt - wie die Filmschaffenden - gegenüber der Zwangsehe weiter misstrauisch, vermutet er doch, dass hinter den Fusionsabsichten ein "unverantwortlicher Personalabbau" auf nur noch 21 Stellen lauert. Chancen der Fusion sieht er nur, wenn der Haushalt des Museums erhalten bleibe und "die Integration zu einem Innovations- und keinem Einsparmodell" führe. Diese Zusagen fehlten bisher.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.