Klausurtagung der Linken: Links, geschlossen und konfliktfrei

Linke will im Wahlkampf auf Rekommunalisierung und Wohnungspolitik setzen.

Siegerlächeln nach der Wahl - fünf Jahre ist das her: Klaus Lederer (re.) beim Unterzeichnen des Koalitionsvertrags. Bild: AP

Nein, keine Wortmeldungen. Ja, die Beschlussvorlage ist angenommen, keine Gegenstimmen. In fast schon beängstigender Geschlossenheit präsentierte sich die Linksfraktion am Wochenende auf ihrer Klausurtagung. Dabei hätten die Themen Anlass für Kontroversen geboten. Es ging um Arbeitsmarkt und Bildung, um Soziales und kommunale Daseinsvorsorge.

Gerade beim letzem Thema zeigte die Partei die Absicht, sich wieder an der Spitze der Debatte zu setzen. Eigentlich sähe sie Betriebe der Daseinsvorsorge am liebsten in kommunaler Hand - von S-Bahn über Wohnungsbauunternehmen bis hin zu den Wasserbetrieben. Doch gut ein halbes Jahr vor der Abgeordnetenhauswahl am 18. September befürchtet die Partei einen Vertrauensverlust bei Teilen der Wählerschaft. Denn beim Volksentscheid über die Offenlegung der Verträge zur Teilprivatisierung der Wasserbetriebe vor einem Monat, mit dem die Initiative letztlich die Rekommunalisierung erreichen will, konnte die Linke nicht punkten. Im Gegenteil. Sie lehnte den Entscheid ab, einer möglicherweise verfassungswidrigen Klausel wegen. Das soll nun wieder wett gemacht werden.

"Wir haben unterschätzt, mit welcher Dynamik dieser Prozess voranschreitet", sagte der Landesvorsitzende Klaus Lederer. "Wenn 650.000 Menschen sagen, wir trauen euch einfach nicht, dann haben wir ein Problem." Daher müsse man nun schauen, wie sich verlorenes Vertrauen zurückgewinnen lasse.

Lederer schlägt eine Genossenschaftl vor, die Berlinern ermöglichen soll, Anteile der Wasserbetriebe zu halten. Das solle auch dazu beitragen, dass die Betriebe nach einem Rückkauf der privaten Anteile als erfolgreiches Unternehmen agieren - und sich nicht die bei kommunalen Unternehmen häufig beklagten Probleme wie Intransparenz und Schattenwirtschaft einstellen.

Erstmals war auch eine Zahl zu hören, die Anteilseigner RWE für einen Verkauf seiner Anteile verlangen könnte: 600 bis 900 Millionen Euro. "Es ist nicht gesagt, dass wir zu diesem Preis auch kaufen", sagte Lederer am Rande der Klausur. Doch wenn RWE wirklich verkaufen wolle, werde das Unternehmen keinen Mondpreis verlangen. Für die Verhandlungen ist formal Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) zuständig, in der Praxis werden sie laut Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) gemeinsam von Finanz- und Wirtschaftsverwaltung geführt.

Damit es Zukunft gar nicht erst zur Privatisierung kommt, beschloss die Fraktion am Wochenende einen Vorschlag von Wolf: Demnach soll Berlins Verfassung so verändert werden, dass vor einer Privatisierung zunächst die Wähler zustimmen müssen.

Eine kontroverse Debatte gab es dann doch: zum Thema Wohnungsbau und Mietenpolitik. Die Frage: Wie kann in Stadtteilen mit knappem Wohnungsangebot sozialer Wohnraum geschaffen werden? Der Vorschlag des bau- und wohnungspolitischen Sprechers sah unter anderem Neubau vor, Zukäufe der öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften und den Kauf von Grundstücken. Rendite der Gesellschaften sollen direkt verwendet werden, um neuen Wohnraum zu schaffen. Einige waren unzufrieden, wollten einen stärkeren Fokus auf die Zusammenarbeit mit Genossenschaften oder stellten die Notwendigkeit von Neubauten ganz in Frage. Doch nach einem abschließende Appell des Fraktionsvorsitzenden Udo Wolf ging der Antrag durch. Ohne Gegenstimmen. Mit einer Enthaltung.

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