Wieder Brand an Moschee: Muslime in Unruhe

Nach erneutem Brandanschlag auf Moschee geht die Angst um. Bizarre Collage am Tatort zeigt toten Nazi und Guantánamo-Häftling.

Die Spuren sind getilgt, aber die Angst bleibt. Bild: dpa

Verunsicherung und Angst nehmen unter Berliner Muslimen nach dem siebten Brandanschlag auf Moscheen in der Hauptstadt zu. Es gebe ein "ausgeprägtes Unwohlsein", sagt Lydia Nofal vom Verein Inssan, die das Projekt "Netzwerk gegen Diskriminierung von Muslimen" leitet. "Wir hören in Moscheen, dass Ängste und Sorgen zunehmen." Die Brandanschläge seien "die Spitze eines Eisbergs": Auch Belästigungen und Beschimpfungen auf der Straße seien Muslime immer häufiger ausgesetzt. "Von bewussten Rempeleien bis zu im Vorbeigehen zugezischten Schimpfworten" werde berichtet, so Nofal.

Am Wochenende wurde versucht, ein islamisches Gebetshaus in Wilmersdorf anzuzünden. Zuvor hatte es in den vergangenen acht Monaten Anschläge auf die Neuköllner Moscheen Sehitlik und Al-Nur sowie auf eine Moschee iranischer Muslime in Tempelhof gegeben (taz berichtete). In allen Fällen entstand leichter Sachschaden.

"Es geht uns nicht besonders gut", bestätigt Burhan Kesici, Vorstand der Islamischen Föderation Berlin. Es sei "beängstigend", dass Gotteshäuser angezündet würden. Den Grund sieht auch er in "zunehmender Islamfeindlichkeit". Yavuz Selim Akgül ist Vorstand der Sehitlik-Gemeinde am Neuköllner Columbiadamm. Vier Mal wurde seine Moschee in den letzten Monaten Zielobjekt von Anschlägen: "Sie können sich ja vorstellen, wie die Stimmung dann ist", sagt Akgül: "Die Menschen haben Angst." Seine Moschee, die größte in Berlin, hat mittlerweile Überwachungskameras aufgebaut: "Wenn ein oder zwei Mal etwas passiert, glaubt man noch, das ist ein Verrückter", sagt Yavuz. "Aber nach dem siebten Versuch sieht das nicht mehr so aus. Das hat Plan."

Eine am jüngsten Anschlagsort an der Brienner Straße vermutlich vom Täter zurückgelassene Collage ist bizarr: Sie zeigt eine Titelseite der Boulevardzeitung BZ von August 2007, auf der ein Mann mit Naziemblemen zu sehen ist. Dieser hatte einen Albaner mit einer Waffe schwer verletzt und sich später selbst erschossen. Zudem enthält die Collage das Bild eines Guantánamo-Häftlings sowie eine Karte der alten Bundesrepublik mit dem Zusatz "West-BRD = Wohlstand".

Ob das am Tatort gefundene Schriftstück Hinweise auf den oder die Täter liefert, sei "Gegenstand der Ermittlungen", sagt die Staatsanwaltschaft; ebenso, ob die Anschläge von einem oder verschiedenen Tätern verübt wurden. Seit Dezember ermittelt eine Sonderkommission des Landeskriminalamtes. Wann Ergebnisse vorlägen, sei derzeit "nicht zu sagen", so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Innensenator Ehrhart Körting (SPD) bezeichnete die Anschläge am Montag im Innenausschauss des Abgeordetenhauses als "schandhafte Taten". Die nun betroffene Moschee in Wilmersdorf sei eine "sehr friedvolle Gemeinde": "Dies ist die letzte Moschee, wo ich dachte, dass dort so etwas passiert."

Opfer von Anschlägen wurden bislang die sunnitische Sehitlik-Gemeinde, die salafistische Al-Nur-Moschee, eine schiitische Gemeinde und nun die Moschee der Ahmadiyya-Muslime, in den 1920er Jahren erbaut und damit eines der ältesten islamischen Gebetshäuser in Deutschland. Die Auswahl könnte ein Hinweis darauf sein, dass der Täter die muslimische Szene gut kennt und demonstrativ verschiedene Glaubensrichtungen angreift. Eine "antimuslimische Stimmung, die Menschen zu Gewalttaten verleite", sieht der Innensenator laut einer Sprecherin aber nicht.

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